Die Welt ist ein Spiel: Auf der Nürnberger Spielwarenmesse stellen Ravensburger, Märklin und Fischer Bewährtes und Experimentelles vor. Manches hört sich an wie eine Dschungelprüfung bei RTL.

Nürnberg - Kakerlakenjagd auf der Nürnberger Spielwarenmesse? Was sich im ersten Moment anhört wie eine Dschungelprüfung bei RTL, ist die neueste Erfindung aus dem Hause Ravensburger: „Kakerlakak“. Der Chef des Spielzeugherstellers, Karsten Schmidt, hat großen Spaß daran, den kleinen elektronischen Vielfüßler vorzuführen. Bei dem Aktionsspiel wuselt ein batteriebetriebener Mini-Roboter über ein Spielfeld, die Spieler müssen dem Ungeziefer geschickt den Weg abschneiden, damit es in ihrer Falle landet. „Kakerlakak“ kommt im März in den Handel und soll dazu beitragen, dass die Oberschwaben ihren Wachstumskurs fortsetzen können.

 

Der Umsatz der Ravensburger Gruppe ist 2012 um 3,1 Prozent auf 330 Millionen Euro gestiegen. Im mit Abstand größten Geschäftsbereich Spiele, Puzzles und Beschäftigung wurde der Umsatz sogar um 3,6 Prozent auf 258 Millionen Euro gesteigert. Damit lag das Familienunternehmen rund fünf Prozent über dem Schnitt der westeuropäischen Märkte, auf denen der Hersteller rund zwei Drittel seiner Produkte verkauft. Im zweitstärksten Geschäftsbereich Kinder- und Jugendbücher verringerte sich der Umsatz dagegen um 3,1 Prozent auf 68 Millionen Euro, was Schmidt auch auf Schwierigkeiten bei der Auslieferung des beliebten Vorlesestifts „Tiptoi“ zurückführt. Dafür haben 349 000 Gäste, 31 000 mehr als im Jahr zuvor, das Ravensburger Spieleland in Meckenbeuren besucht, was den Bereich Freizeit und Promotion um 11,4 Prozent auf zehn Millionen wachsen lies. Für das laufende Jahr erhofft sich Schmidt erneut ein „leichtes Wachstum“. Zur Ertragslage macht der 56-Jährige keine Angaben.

3-D-Puzzles und Tiptoi sind die Zugpferde bei Ravensburger

Der Vorstandschef hebt vor allem zwei Produktreihen hervor: Zum einen die 3-D-Puzzles, aus denen unter anderem Bauwerke wie der Eiffelturm, der Tower von London oder das Brandenburger Tor entstehen und die im vergangenen Jahr 900 000 Mal verkauft wurden. Das zweite Zugpferd von Ravensburger ist nach wie vor die audiodigitale Lernspielreihe „Tiptoi“. Von den beliebten Lesestiften konnten seit ihrer Markteinführung 2011 bereits 1,5 Millionen Stück abgesetzt werden. Die dazugehörigen Artikel, überwiegend Bücher, wurden allein im vergangenen Jahr 2,7 Millionen Mal verkauft. Die Reihe wird in diesem Jahr noch um Tiere vom Bauernhof und aus Afrika ergänzt. „Die Kinder erfahren etwas über das Leben und die Ernährung der Tiere, die sie mit dem Stift berühren“, erklärt Schmidt.

„Tiptoi“, aber auch das Kinderspiel des Jahres 2012 „Schnappt Hubi!“, tragen dazu bei, dass mittlerweile jedes vierte Ravensburger-Produkt elektronisch unterstützt wird. „Wir setzen die Elektronik nur dort ein, wo wir glauben, dass sie die Produkte besser macht“, sagt der Vorstandschef.

Neuland betritt das Unternehmen dagegen bei der Kombination von klassischen Spielen mit Applikationen für Tablets und Smartphones. Ob die iPad- oder iPhone-unterstützte Jagd nach Mister X bei dem Kultspiel „Scotland Yard“ ein Kassenschlager wird? Schmidt ist verhalten optimistisch: „Wir erwarten uns höhere Chancen als Wettbewerbsprodukte.“ Nicht selten, schränkt er ein, würden solche „Toys 3.0“ nicht im Markt funktionieren, „weil sie künstlich aufgesetzt wirken und die Verbraucher schlicht nerven“.

Eine Modellbahn für 49,95 Euro

Nicht genervt, sondern hoch erfreut hat Märklin seine kleinen Kunden vor zwei Jahren mit der Einführung einer einfachen, batteriebetriebenen ICE-Modellbahn. Diese „My world“-Serie zum Einstiegspreis von 49,95 Euro brachte den Göppinger Modellbahnbauer zurück in die Kinderzimmer. „Wir haben seither 40 000 Stück abgesetzt“, sagt der Märklin-Chef Stefan Löbich bei der Neuhheitenschau am Dienstag kurz vor der offiziellen Messeeröffnung in Nürnberg. Im Vergleich zum Vorjahr habe der Auftragseingang 2012 um 30 Prozent zugelegt. Die My World-Reihe, die der 48-Jährige als „Speerspitze“ bezeichnet, wird in diesem Jahr um verschiedene Bausätze für Dampf- und Dieselloks, Güterwaggons und Verladestationen erweitert.

Mit den Zahlen von 2012 zeigt sich Löbich zufrieden, ohne jedoch konkret zu werden: Der Umsatz sei leicht gestiegen, die Eigenkapitalquote ebenfalls. Im Jahr zuvor hatte das Unternehmen, das sich als Weltmarktführer für Modelleisenbahnen sieht, knapp 109 Millionen Euro umgesetzt. Einen erwarteten Rückgang des Gewinns vor Steuern und Zinsen (2011: 12,36 Millionen Euro) begründet Märklin mit Investitionen in Maschinen am Stammsitz Göppingen und einem Fabrikneubau im ungarischen Györ.

Der Schaufelradbagger von Fischertechnik ist 1,40 Meter lang

An ihrem Messestand präsentieren die Göppinger, die bis zum Frühjahr unter das Dach der fränkischen Simba-Dickie-Gruppe schlüpfen könnten, neben der Kernmarke auch Bahnen der beiden kleineren Sparten LGB und Trix. Bei Kleinkindern punktet vor allem die Dampflok „Stainz“ von LGB, Trix-Liebhaber dürfen sich auf ein hochpreisigeres Schmankerl freuen: ein handgefertigtes Messingmodell der Güterzuglokomotive EG 507 der Königlich Preußischen Eisenbahn für 1350 Euro.

Größe ist wohl das ausschlaggebende Argument beim Kauf des neuen Schaufelradbaggers im XXL-Format von Fischertechnik. Wie lange es dauert, alle 1400 Bauteile für das 1,40 Meter lange Gefährt zusammenzusetzen, weiß der Geschäftsführer Marcus Keller nicht. Der 43-Jährige rät seinen Kunden aber, sich mindestens ein Wochenende dafür Zeit zu nehmen. Die erfolgreichen Modellbaukästen zum Thema regenerative Energien wurden auf den aktuellen Stand der Technik gebracht: Mittels einer Solarzelle können die Kinder verschiedene motorbetriebene Fahrzeuge an einer Solartankstelle aufladen: zehn Minuten Licht für drei bis sieben Minuten Spielspaß. Die Spielzeugsparte der Fischergruppe, die mindestens 80 Prozent ihrer Produkte am Stammsitz in Waldachtal (Kreis Freudenstadt) herstellt, sei 2012 zweistellig gewachsen, sagt Keller. Genauere Zahlen mag er nicht nennen.