Ein Stuttgarter Jurist hatte die Ermittlungen im wohl größten Steuerskandal Deutschlands ins Rollen gebracht. Die Schweizer nahmen ihm seine Rolle im Cum-Ex-Skandal aber krumm und stellten ihn vor Gericht.

Stuttgart/Zürich - Der in Deutschland als Skandal-Aufdecker gefeierte Stuttgarter Jurist Eckart Seith ist in Zürich vom Vorwurf der Wirtschaftsspionage freigesprochen worden. Ihm wurde wegen Anstiftung zu einem Verstoß gegen das Bankengesetz aber eine Geldstrafe zur Bewährung auferlegt, wie der Richter am Donnerstag vor dem Bezirksgericht in Zürich ausführte. Seiths Anwalt kündigte umgehend Berufung an. „Ein schmutziges Urteil“, sagte Seith nach der Entscheidung.

 

Ein mitangeklagter Deutscher wurde in einem Fall wegen Wirtschaftsspionage verurteilt und erhielt eine Haftstrafe von 13 Monaten auf Bewährung und eine Geldstrafe. Ein weiterer mitangeklagter Deutscher erhielt ebenfalls eine Geldstrafe auf Bewährung.

Die Cum-Ex-Geschäfte sind raffinierte Aktientransaktionen

Der Stuttgarter Anwalt Eckart Seith hatte in Deutschland Ermittlungen in einem der wohl größten Steuerskandale der Bundesrepublik ins Rollen brachte. Laut Anklageschrift habe er die Schweizer Bank J.Safra Sarasin ausspioniert und sich mithilfe von zwei mitangeklagten deutschen Komplizen vertrauliche Bankdokumente besorgt. Deshalb sollte er dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, ohne Bewährung.

Bei dem Steuerskandal geht es um Cum-Ex-Geschäfte, bei denen Banken, Anlageberater und Kunden Gewinne auf Kosten der Steuerzahler machten. Bevor die Gesetzeslücke, die das möglich machte, 2012 geschlossen wurde, ließen sich Fonds mithilfe von raffinierten Aktientransaktionen rund um den Dividendenstichtag Kapitalsteuern erstatten, die sie nie gezahlt hatten.

Streitpunkt sind interne Dokumente der Sarasin-Bank

Seith nennt als Verlust einen dreistelligen Millionenbetrag, aber in Medienberichten war unter Berufung auf das Bundesfinanzministerium auch schon von mehr als fünf Milliarden Euro Schaden die Rede.

Seith rutschte in die Rolle des Aufklärers durch einen Prozess, den er für den Drogerie-Unternehmer und Milliardär Erwin Müller führte. Der hatte 45 Millionen Euro in Fonds mit Cum-Ex-Geschäften verloren, die ihm die Sarasin-Bank angedient hatte. Er klagte. Seith erstritt 2017 vollen Schadenersatz, weil er nachwies, dass die Bank Müller über die Risiken nicht aufgeklärt hatte. Er legte interne Dokumente der Sarasin-Bank vor, die ihm, wie er sagt, anonym zugespielt wurden.

Steuerfahnder verwenden weiterhin gestohlene Daten

Für die Schweizer ging es in dem Prozess nicht um eine Bewertung der Cum-Ex-Geschäfte, sondern um das Bankgeheimnis - seit Jahren ein Reizthema zwischen den Nachbarländern. Jahrelang haben sie die Schotten dicht gemacht, wenn Steuerfahnder auf der Suche nach Millionenvermögen waren, die Deutsche am Fiskus vorbei über die Grenze geschafft hatten. Die EU drohte mit einer schwarzen Liste, auf der die Schweiz als Steueroase landen könnte. Als sie das Bankgeheimnis bei Steuerhinterziehung deshalb lüftete, brüstete sich der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück 2009, man müsse den „Indianern“ eben mit der Kavallerie drohen, damit sie spurten. Diese Verbalattacke haben die Schweizer bis heute nicht verziehen.

Dass deutsche Steuerfahnder weiter CDs mit vertraulichen Bankkundendaten kauften, um deutschen Steuersündern auf die Schliche zu kommen, empört die Schweizer ebenfalls. Sie machten gemeinsame Sache mit Datendieben, schäumen sie. Die Schweizer spionierten ihrerseits die deutschen Steuerfahnder aus, die an dem CD-Kauf beteiligt gewesen sein sollen. Der Spion flog aber auf und wurde 2017 in Frankfurt zu einer Bewährungsstrafe von fast zwei Jahren verurteilt.