SPD-Chefin Saskia Esken steht in der Kritik: In ihrer Zeit als Vorstandsmitglied im Landeselternbeirat Baden-Württemberg soll eine Mitarbeiterin bespitzelt und zu Unrecht gefeuert worden sein. Der Chef des Elternbeirats nimmt Esken in Schutz: Alles sei ganz anders gewesen.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Die neue SPD-Vorsitzende Saskia Esken muss sich gegen Vorwürfe wehren, sie habe als Mitglied des Landeselternbeirats Baden-Württemberg Mitarbeiter ausspioniert und unfair behandelt.

 

Das ARD-Magazin „Kontraste“ hatte berichtet, einer Mitarbeiterin der Beiratsgeschäftsstelle in Stuttgart sei im Jahr 2012 zu Unrecht gekündigt worden. In diesem Zusammenhang habe sich der Vorstand, dem Esken damals angehörte, die Passwörter zu Computern der Geschäftsstellenmitarbeiter geben lassen und deren Korrespondenzen ausgewertet. „Aufgrund dessen, was er da vorgefunden hat“, sei der Mitarbeiterin Gabi Wengenroth gekündigt worden, zitiert „Kontraste“ den früheren Beiratsvorsitzenden Christian Bucksch.

Esken war im Januar 2012 in den Vorstand des Landeselternbeirats gewählt worden. Der Wahl waren Verbandsquerelen und der Rücktritt des Vorsitzenden Bucksch vorausgegangen. Bucksch wirft Esken zudem vor, dass es während ihrer Zeit im Beirat heftige Auseinandersetzungen gegeben habe. Eine Vielzahl von Elternvertretern habe sich aus Gremien zurückgezogen, „weil man das Gebaren des Vorstands nicht mitmachen wollte“.

Esken: Es gab Widerstand gegen Reformen

Die frisch gewählte SPD-Vorsitzende Esken hatte in den letzten Wochen immer wieder ihre Zeit in diesem Elternbeirat angeführt, wenn sie gefragt wurde, ob sie politische Führungserfahrung mitbringe. Zu den Vorwürfen von Bucksch sagt sie: „Wir haben den Landeselternbeirat Baden-Württemberg als Vorstandsteam ab 2012 demokratisiert und zusammengeführt. Dass das nicht allen gefallen hat und wir dabei auch auf Widerstände gestoßen sind, versteht sich eigentlich von selbst.“ Zu den arbeitsrechtlichen Vorgängen will sie sich nicht äußern.

Carsten T. Rees, der heutige Vorstandsvorsitzende des Elternbeirats, weist die Kritik von Bucksch und der gekündigten Mitarbeiterin der Geschäftsstelle zurück. Entgegen der Darstellung durch „Kontraste“ sei nicht Wengenroth durch den Vorstand ausspioniert worden, sondern genau das Gegenteil sei der Fall gewesen: „Es war Illoyalität ganz andersherum.“

„Wir wurden bespitzelt, nicht die Mitarbeiterin“

Nach dem Rücktritt von Bucksch habe der verbliebene Vorstand vor der Aufgabe gestanden, „die Berge von aufgelaufener Korrespondenz in der Geschäftsstelle zu bewältigen“, sagt Rees. Dazu habe auch gehört, „die E-Mails auf den beiden Geschäftsstellen-Computern abzuarbeiten“.

Dabei sei festgestellt worden, dass die später gekündigte Mitarbeiterin Wengenroth interne Mails des Vorstands ohne Erlaubnis an den ausgeschiedenen Bucksch und andere Beiratsmitglieder versandt habe. „Wir wurden bespitzelt, nicht die Mitarbeiterin“, betont Rees. Er führte nach dem Bucksch-Rücktritt für eine Übergangszeit den Vorstand. Wegen Gefahr im Verzuge sei der Mitarbeiterin gekündigt worden.

Die Umstände dieser Kündigung sind umstritten, die damalige Rechtslage war kompliziert. Der Vorstand des Landeselternbeirats sei damals davon ausgegangen, er selbst sei der Arbeitgeber und deshalb kündigungsberechtigt, sagt Rees.

Kündigung im Briefkasten

In einem Arbeitsrechtsprozess habe sich dann aber herausgestellt, dass die beiden Geschäftsstellen-Mitarbeiterinnen Angestellte des Kultusministeriums gewesen seien. Nach einem Vergleich vor Gericht erhielt die Mitarbeiterin eine Stelle im Kultusministerium. Wenn es Kritik am damaligen Verhalten gebe, dann sei der nicht gegen Saskia Esken, sondern gegen den gesamten Vorstand zu richten, erklärt Rees: „Das haben wir im Team gemacht.“

Wengenroth selbst gibt in dem TV-Bericht an, sie habe vor der Kündigung eine E-Mail von Esken erhalten. In dieser sei sie vor die Wahl gestellt worden, selbst zu kündigen oder einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. „Und einige Tage später bekam ich eine schriftliche Kündigung von Frau Esken persönlich in den Briefkasten gesteckt. Ich durfte von dem Moment an das Gebäude nicht mehr betreten, musste den Schlüssel abgeben“, sagte Wengenroth.

Für die Tatsache, dass Esken persönlich das Kündigungsschreiben in den Briefkasten warf, gibt es nach Angaben von Rees eine einfache Erklärung: „Sie wohnte von uns allen am nächsten dran.“