Kultusminister Andreas Stoch hat am Donnerstag ein Konzept vorgestellt, nach dem junge Spitzenathleten künftig ihr Abitur auch in neun Jahren erreichen können. Training und Unterricht sollen besser miteinander vereinbar sein.

Ludwigsburg - Schülern die Möglichkeit geben, viel Zeit in der Trainingshalle oder auf dem Fußballplatz zu verbringen, ohne dass die schulischen Leistungen darunter leiden: dieses Ziel hat ein Konzept, das der baden-württembergische Kultusminister Andreas Stoch (SPD) am Donnerstag in Ludwigsburg vorgestellt hat. „Gesamtkonzept zur Vereinbarkeit von Schule und Spitzensport“ heißt es und soll besonders talentierten und erfolgreichen Schülern mehr Flexibilität auf ihrem Weg zum Schulabschluss einräumen.

 

Eine von ihnen ist die 15-jährige Tennisspielerin Emily Seiboldt. Die Schülerin des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) in Ludwigsburg wurde im vergangenen Jahr deutsche Meisterin in ihrer Altersklasse und sagt: „Es ist schwer, sich auf Schule und Sport gleichzeitig zu konzentrieren.“

Der Minister spricht auch vom „Ludwigsburger Modell“

Um das leichter zu machen, gibt es nach dem Willen des Kultusministeriums künftig zwei Wege. Zum einen die „individuelle Schulzeitstreckung“, mit der Schüler die Oberstufe am Gymnasium in drei statt wie bisher in zwei Jahren absolvieren können. Außerdem kann in der Sekundarstufe 1, also bis zur neunten Klasse, ein Schuljahr gedehnt und auf zwei Jahre verlängert werden. Damit sollen vor allem Athleten aus Einzelsportarten, wie Turner oder Schwimmer, entlastet werden.

Der zweite Weg ist die sogenannte „strukturelle Schulzeitstreckung“. Dieses Modell haben Lehrer und Leitung des OHG entwickelt, weshalb Minister Stoch bei der Vorstellung am Donnerstag auch vom „Ludwigsburger Modell“ sprach.

Hierbei können bestimmte Schulen, die bereits Partner der Olympiastützpunkte im Land sind oder als Eliteschulen des Fußballs ausgezeichnet wurden, ihren Schülern eine deutliche Entlastung vom Regelunterricht anbieten. Sollten innerhalb eines Jahrgangs mindestens zwölf Schüler zusammenkommen, die in einem Landes- oder sogar Bundeskader ihrer Sportart stehen, werden diese im Rahmen des „Ludwigsburger Modells“ in bestimmten Fächern separat unterrichtet. Für sie werden die Inhalte in den Klassen 8 bis 10 ausgedehnt und dauern damit vier statt bislang drei Schuljahre.

Die Sportverbände sind von dem Konzept begeistert

Obwohl damit ein Abitur erst nach neun Jahren möglich ist, betonte der Kultusminister: „Es handelt sich nicht um eine schleichende Rückkehr zu G9.“ Das achtjährige Gymnasium werde nicht in großem Maße geöffnet. Bis zu 45 Trainingsstunden wöchentlich sollen durch das Modell für die Nachwuchssportler möglich sein. Um die zusätzlichen Unterrichtsstunden aufzufangen, werden im Land sieben zusätzliche Deputate geschaffen.

Die Sportverbände hören diese Pläne erwartungsgemäß gerne. Dieter Schmidt-Volkmar, der Präsident des Landessportbundes (LSV), sprach von einem Meilenstein für die Sportförderung in Baden-Württemberg. „Nicht nur das OHG profitiert nun, es ist ein Gesamtkonzept.“

Der Schulleiter des Ludwigsburger Gymnasiums, Mathias Hilbert, hatte in den vergangenen Jahren immer wieder für eine bessere Vereinbarkeit von Schule und Sport geworben. Am Donnerstag war er nun ebenfalls sichtlich zufrieden mit dem vorgestellten Papier. Vom Schuljahr 2016/2017 an kann am OHG die Schulzeit gestreckt werden, die Gesamtlehrerkonferenz habe dem Versuch bereits zugestimmt. Vor allem viele Basketballtalente, unter anderem von den Neckar-Riesen, besuchen das Gymnasium im Ludwigsburger Bildungszentrum West.

Doch nicht nur Schüler müssen Unterricht und Sport vereinbaren: So kündigte Stoch an, dass Spitzensportler mit Lehramtsausbildung künftig möglichst nahe am Trainingsort eingestellt werden sollen.