Fachärzte klären darüber auf, was orthopädische Hilfsmittel leisten können und was nicht

München - Einmal beim Joggen oder Tennisspielen umgeknickt – schon zieht und ziept es im Knie oder am Knöchel. Viele Hobbysportler greifen bei solchen Gelenkverletzungen oder nach Operationen zur Bandage oder gar zu einer Orthese. Letzteres ist ein orthopädisches Hilfsmittel – meist aus leichten Metall- oder Kunststoffelementen gefertigt – , das das Gelenk umschließt, um es zu stabilisieren und zu entlasten. Doch ist das wirklich immer nötig? Tatsächlich gibt es viele Irrtümer darüber, wann solche Hilfsmittel wirklich notwendig sind und was sie leisten können, heißt es bei der Fachgesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA).

 

So gibt es immer wieder Patienten, die beispielsweise eine Bandage beim Sport vorbeugend tragen – um etwa das Knie vor Verletzungen zu schützen. Das ist aber nur bedingt möglich, sagt etwa die Orthopädin und Unfallchirurgin Christina Valle, Vorsitzende im AGA-Komitee Prävention. „Eine Kniebandage kann durch ihre Stützfunktion das Führen des Kniegelenks erleichtern, ersetzt aber kein gezieltes Muskel- und Koordinationstraining.“

Nach einer Kreuzbandoperation kann eine Heilung bis zu zwölf Monate dauern

Zusätzlich kann das dauerhafte Tragen einer Bandage die Kraft der angrenzenden Muskulatur tatsächlich schwächen, da weniger Kraft für die Kniestreckung und -beugung nötig ist, ergänzt der Sportwissenschaftler Arthur Praetorius, ebenfalls Mitglied im AGA-Komitee Prävention. Daher lautet der Rat der Experten: „Wer sich beim Sport im Knie instabil fühlt, sollte das vor dem Griff zur Bandage stets ärztlich abklären lassen.“

Ähnlich verhält es sich auch mit den Orthesen: Das Hilfsmittel, das oft nach einer Gelenkoperation verschrieben wird, vermittelt vielen Hobbysportlern subjektiv mehr Sicherheit in ihren Bewegungen. „Trotzdem ist die Versorgung mit einer Orthese alleine kein Freibrief für vermehrte Belastung oder sportliche Aktivitäten“, warnt die Fachärztin Christina Valle. Das gilt insbesondere für Patienten, die beispielsweise nur wenige Monate nach einer Kreuzbandoperation wieder Fußball spielen wollen: Gerade nach einer Operation benötige das Band teilweise bis zu einem Jahr, bis es gut im Kniegelenk eingewachsen ist, sagt Christina Valle.

Wer diesen langwierigen Heilungsprozess nicht abwarten will und frühzeitig wieder komplexe Mannschaftssportarten ausübt, riskiert, dass das Band wieder reißt. Dieses Risiko könne auch eine Orthese kaum reduzieren, so Valle. Zwar werden im Hochleistungssport Orthesen am Kniegelenk auch zur Vermeidung von Verletzungen eingesetzt. „Sie sind jedoch meist anders aufgebaut als die herkömmlich im Handel erhältlichen Orthesen.“

Auf Sport und Bewegung muss niemand verzichten

Es gibt aber auch Patienten, die sich solchen Hilfsmitteln lieber ganz verweigern – selbst wenn sie vom Arzt verschrieben wurden. Ein Fehler, wie die Experten der AGA betonen. Zwar kann eine Schiene die Heilung bei Verletzungen am Meniskus oder Kreuzband nicht direkt beeinflussen, allerdings wird das Gelenk von außen geschützt, was weiteren Verletzungen vorbeugen kann, Wie lange eine Orthese getragen werden muss, hängt dabei immer von der Verletzung und der Art der Schiene ab. Viele Ärzte, so sagt es auch Christina Valle, verordnen eine Orthese oftmals auch, „um den Patienten an seine noch nicht vorhandene Heilung zu erinnern“.

Immerhin: Ganz auf Bewegung verzichten müssen Hobbysportler auch mit bandagiertem Gelenk nicht, beruhigt die Fachärztin Valle. „Das Tragen einer Orthese bedeutet in der Regel keine komplette Ruhigstellung oder Entlastung.“ Allerdings sollte mit dem Training – seien es Kraftübungen oder Ausdauereinheiten – nicht ohne Rücksprache mit dem Operateur und dem behandelnden Therapeuten begonnen werden.