Die Nationalgruppe belegt bei den Europameisterschaften in Varna den zwölften Rang – das Olympia-Ticket geht an die sechstplatzierten Ukrainerinnen. Margarita Kolosov wird als Letzte im Mehrkampffinale nicht für ihren Mut belohnt.

Varna - Die gute Nachricht vorneweg: Die deutsche Nationalgruppe, die am Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden trainiert, wird nach Japan reisen. Allerdings nicht zu den Olympischen Sommerspielen nach Tokio, sondern im Oktober zu den Weltmeisterschaften nach Kitakyushu. Das letzte Gruppenticket für Olympia, das bei den Europameisterschaften in Varna am Wochenende vergeben wurde, ging an das Team aus der Ukraine.

 

In Varna ist nicht alles nach Wunsch gelaufen für die deutsche Delegation. Margarita Kolosov ist mutig ins Mehrkampffinale am Samstag gegangen, belegte nach Geräteverlusten aber den letzten Platz. Die Nationalgruppe kam ohne grobe Fehler durch die Übung mit Reifen und Keulen, erlaubte sich aber mit fünf Bällen zu viele Ungenauigkeiten und kam im Mehrkampf auf den zwölften Rang.

Zu viele Ungenauigkeiten in der Übung mit den fünf Bällen

Nathalie Köhn, Viktoria Burjak, Alexandra Tikhonovich, Noemi Peschel, Daniella Kromm und Anni Qu haben ihre Auftritte in der gut zur Hälfte besetzten Halle im Palast für Kultur und Sport in Varna absolviert, allerdings ohne zu glänzen. „Es war nicht alles schlecht, aber es war auch nicht wirklich gut“, sagte Isabell Sawade, die deutsche Teamchefin für Rhythmische Sportgymnastik. Das schlug sich in der Gesamtnote von 72,35 im Mehrkampf nieder, den die russische Gruppe mit 90,25 Punkten gewann.

Die Gymnastikwettkämpfe bei den Olympischen Spiele in Tokio werden also ohne deutsche Beteiligung über die Bühne gehen. Eine allzu große Überraschung ist das nicht. Die Cheftrainerin Camilla Pfeffer hatte die Chancen realistisch eingeschätzt. Aus eigener Kraft, so hatte sie sich vor der Abreise ins Olympische Trainingszentrum in Kienbaum geäußert, würde es die Nationalgruppe selbst bei fehlerfreien Leistungen nicht schaffen, den letzten freien Platz der Europäer für den Wettstreit der Gruppen bei Olympia zu ergattern.

Auch die Gruppen aus Spanien und Griechenland sind voraus

Die Deutschen erfüllten die Voraussetzungen nicht, aber auch die Konkurrentinnen taten der Trainerin, die selbst Olympia-Teilnehmerin in London 2012 mit der Gruppe war, und ihren Gymnastinnen nicht den Gefallen. Die sechstplatzierten Ukrainerinnen spulten in Varna nahezu unbeeindruckt ihr schwieriges Programm herunter. Mit drei Reifen und zwei Paar Keulen und der Note 38,25 waren die Deutschen zwar gar nicht mal so weit entfernt von den Osteuropäerinnen, die 39,45 bekamen, aber zuvor die Übung mit fünf Bällen bravourös auf den Teppich gebracht und 45,10 Punkte bekommen hatten. Die Gruppe des Deutschen Turner-Bunds hingegen holte mit den Bällen ganze elf Punkte weniger: 34,10. „Ein Wurf war zu kurz, danach kam die Ordnung ein bisschen durcheinander“, sagte Isabell Sawade. Die deutschen Gymnastinnen trennten nicht nur Welten von der Ukraine, sondern auch mehr als acht Punkte von der Spanierinnen, die sich mit 40,55 Punkten für die Übung mit fünf gleichen Handgeräten samt 40,30 Punkten für Reifen und Keulen und dem achten Platz im Mehrkampf ebenfalls vergebens um die Tickets für Tokio beworben hatten.

„Wir müssen nach Varna nicht alles in Frage stellen, aber wir müssen sicherlich noch abgebrühter werden“, sagte Isabell Sawade, die die Titelkämpfe in Bulgarien von der Tribüne aus verfolgte. Im Vergleich mit den Spanierinnen, aber auch den Griechinnen, die mit 75,00 Punkten den neunten Platz im Mehrkampf belegten, waren ihr die Auftritte von Nathalie Köhn, Viktoria Burjak, Alexandra Tikhonovich, Noemi Peschel, Daniella Kromm und Anni Qu in der Gesamtschau „zu verhalten“. „Die anderen sind einfach da, wenn es darauf ankommt, und gehen selbstbewusst auf den Teppich. Daran müssen wir arbeiten.“ Camilla Pfeffer, die nach der Übung mit Reifen und Keulen noch einigermaßen zufrieden gewesen war, war selbstkritisch. „Es ist schon bitter. Wir haben uns nicht so präsentiert, wie wir es können. Das müssen wir jetzt erst einmal sacken lassen.“

Die Cheftrainerin Camilla Pfeffer ist zerknirscht

Margarita Kolosov hat mit dem Einzug ins Finale der besten 24 Einzelgymnastinnen in Europa ihr Soll erfüllt, schaffte es aber nicht, das Erreichte mit einer guten Leistung am Samstag zu krönen. „Ich wollte einfach nur Spaß haben, aber auch mehr Risiko gehen als in der Qualifikation“, sagte die 17-Jährige. Für ihren Mut wurde sie jedoch nicht belohnt. Und wirklich Spaß hatte Margarita Kolosov, die in der Mehrkampfqualifikation den 19. Platz belegt hatte, nur bei ihrer ersten Übung mit dem Ball, die ihr sauber und fehlerfrei gelang. Mit Reifen, Keulen und Band musste sie Geräteverluste hinnehmen. „Ich bin glücklich, dass ich überhaupt dabei war. Aber ein bisschen enttäuscht bin ich schon, weil ich es besser kann“, sagte die erneut fünffache deutsche Meisterin.

Die Gymnastinnen haben jetzt erst einmal ein paar Tage frei, dann geht das Training weiter – mit Blick auf Japan, wenn auch nicht auf die Olympischen Spiele.