Neben Siegen und Niederlagen gibt es in der Welt des Sports auch reichlich absurdes, seltsames und lustiges. Daher kürt unsere Sportredaktion mit einem Augenzwinkern täglich die Sportsfreundin oder den Sportsfreund des Tages. Heute: Noah Lyles und sein wundersamer Weltrekord.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Mit dem Augenmaß ist das so eine Sache. Hobby-Heimwerker haben sich ohne Zollstock schon häufig vertan, und auch Autofahrerinnen und -fahrer haben vor Erfindung des Abstandspiepsers nicht selten beim Parken eine Delle oder eine Schramme fabriziert. Es ist eben so eine Sache mit dem Augenmaß – für den einen sehen 20 Zentimeter wie 30 aus, für andere erscheinen sie dagegen wie lächerliche 15.

 

In der modernen Leichtathletik wird deshalb nicht geschätzt, sondern gemessen; früher mit dem Maßband, heute meist mittels Laser. Bei den Laufstrecken gelten die sorgfältig angebrachten Markierungen dafür, dass 100 Meter auch exakt 100 Meter sind und nicht 100 Meter und 20 Zentimeter. Darauf hatte sich auch Sprinter Noah Lyles verlassen, als er bei den „Inspiration Games“ in Bradenton im US-Bundesstaat Florida zu einem Weltrekordversucht über 200 Meter in den Startblock ging. Der 22-Jährige lief alleine gegen die Zeit, die Uhr blieb bei 18,91 Sekunden stehen. Ein Fabelweltrekord, fast drei Zehntelsekunden unter der Bestmarke von Wunderläufer Usain Bolt (19,19). Formidabel. Sensationell. Unglaublich.

So himmelschreiend unglaublich, dass die Streckenlänge überprüft wurde. Und siehe da: Der US-Sprinter hatte lediglich 185 Meter zurückgelegt, weil ihm irrtümlich eine zu kurze Bahn zugewiesen worden war. Erst himmelhoch jauchzend, dann zu Tode betrübt. „Ihr könnt nicht so mit meinen Gefühlen spielen“, klagte Noah Lyles in den sozialen Medien. Dass er den Weltrekord über 185 Meter hält, ist kein Trost. Zu kurz ist zu kurz. In der Leichtathletik wie im Hobbyraum.