Seit einiger Zeit hat die Sprungbude in Filderstadt geöffnet. Dieter Fischer hat die Halle einst gebaut. Allerdings für einen ganz anderen Zweck. Er holte damals die große Tenniswelt auf die Filder.

Plattenhardt - Als Dieter Fischer im vergangenen Sommer seinen 80. Geburtstag feierte, da fiel ihm dieser Spruch ein, von dem er schmunzelnd erzählt: „Um alt zu werden, muss man Mut haben.“ An Mut hat es dem Mann, der in Filderstadt das über Jahre hinweg beliebteste Weltranglistenturnier im Damentennis etablierte, nie gefehlt. Beweis gefällig? Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Tennishalle im Weilerhau, die heute die Sprungbude beherbergt, genügt.

 

Mehr als ein Jahrzehnt vor Bobbele Becker und Steffi Graf tingelte der talentierte Ex-Fußballer Fischer Woche für Woche mit seiner Frau in Baden-Württembergs älteste Tennishalle nach Kornwestheim, „sommers wie winters“. Irgendwann wurde ihm der Weg zu weit. Warum also nicht eine eigene Halle auf den Fildern bauen?

Der Andrang damals war riesig in Filderstadt

Bei vielen Anwohnern in Plattenhardt kam die Idee des Drogeriemarktbesitzers nicht gut an. Es bildete sich eine Bürgerinitiative mit 1100 Unterstützern gegen Fischers Pläne. Der startete kurzerhand eine Gegeninitiative – und sammelte mehr als 7500 Unterschriften. Jedem Unterstützer versprach er eine volle Tennisausrüstung mit Kleidung, Schläger und Bälle. Preis: 100 Mark. Die Hallenstunde gab’s für zehn Mark. Tennis für jedermann, nicht nur für die Elite – „das war etwas Neues“, sagt Fischer. Der Gemeinderat stimmte letztlich mit 23 zu 19 Stimmen für das Projekt und überließ dem Investor für 40 Jahre das Erbbaurecht.

Zur Eröffnung im Oktober 1976 wuselten die Tennisspieler auf vier Plätzen, schon im Frühjahr 1977 kamen ein fünfter Platz und der Centre Court hinzu – weil die Freunde des weißen Sports in Massen strömten. „Wir waren derart ausgebucht, dass am Samstagmorgen die ersten um 6.45 Uhr begonnen haben und die letzten um 23.15 Uhr aus der Halle gingen“, erinnert sich Fischer. Der strickte derweil längst am nächsten Coup.

Also überzeugten sie den anderen großen Autobauer

Nicht nur jedermann sollte bei ihm zu Gast sein, sondern auch die besten Tennisspielerinnen der Welt. Er besorgte sich eine Turnierlizenz, versuchte Mercedes als Sponsor zu gewinnen, ärgerte sich über die Verzagtheit der Untertürkheimer, überzeugte stattdessen kurzerhand den anderen großen Stuttgarter Autobauer und lud 1978 erstmals zum Porsche Tennis Grand Prix nach Filderstadt ein. Im Jahr darauf waren die weltbesten sechs Spielerinnen in seiner Halle. „Es war eigentlich irre, dort oben ein solches Turnier zu veranstalten“, sagt er. „Aber die Spielerinnen haben es geliebt, im Schönbuch Rad zu fahren.“

Elf Millionen Mark investierte Fischer alles in allem in die Anlage, die 1982 einen siebten und achten Platz bekam und fortan Platz bot für 3000 Zuschauer. „Das Risiko, das ich eingegangen bin, war unermesslich. Ich bin ins Ungewisse gesprungen. Aber finanziell bin ich aus der Sache sehr gut rausgekommen“, sagt er. Und nicht nur finanziell: Ministerpräsident Lothar Späth zeichnete Fischer 1986 mit dem Bundesverdienstkreuz aus, worauf er stolz ist, genau wie auf die Tatsache, Filderstadt in der Welt bekannt gemacht zu haben.

2006 zog der Porsche Tennis Grand Prix in den Neckarpark um, weil die Plattenhardter Halle zu klein geworden war für die Ansprüche des neuen Jahrtausends. Mit dem Tennis für jedermann – und im Übrigen auch mit Badminton – ging es im Weilerhau trotzdem weiter, zehn Jahre noch. Dann endete Fischers Erbpachtvertrag.

Er war sogar selbst schon in der Sprungbude

Der verfolgt seitdem, durchaus kritisch, was mit und in der Halle passiert, die er einst baute. „Es bricht mir das Herz, dass dort oben nicht mehr Tennis gespielt wird“, sagt er. Vor allem für die umliegenden Vereine tut ihm das leid, da viele von ihnen inzwischen im Winter große Schwierigkeiten hätten, ihren Mitgliedern Hallenzeiten anzubieten.

Aber: Ein Gegner der Sprungbude, das betont er, sei er nicht. Im Gegenteil: Als sein Enkel jüngst seinen Kindergeburtstag dort feierte, stand Fischer an vorderster Front: vor der Kasse. „Jetzt muss ich Eintritt zahlen, wenn ich in die Halle will“, sagt er lachend. Selbst gesprungen ist der 80-Jährige natürlich nicht. Tennis spielen, ja – das geht noch. Mutig mag er auch noch immer sein, dieser Dieter Fischer. Übermütig nicht.