Die Aufregung ist groß: Der Sänger Heino verschenkt Platten, die manche für nazi-verseucht halten. Warum das nicht ganz so ist, erklären wir hier.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Ob der neue Trend zum Heimatministerium wirklich eine weiterführende Idee ist und ganz viele innenpolitische Probleme löst, lassen wir noch mal ein Weilchen offen. In der Zwischenzeit muss man aber auch nicht gleich alles, was im Zusammenhang mit deutschen Heimatministerien vor- und anfällt, zum ganz großen Rückfall in den Faschismus erklären.

 

Leider richten sich gewisse Teile der Öffentlichkeit mal wieder nicht nach unseren Wünschen, sondern echauffieren sich darüber (natürlich aus hehren Motiven), dass der Sänger Heino in dieser Woche in Münster der Landesministerin für Heimat namens Ina Scharrenbach ein paar alte Platten geschenkt hat, die seine Gattin Hannelore just zu diesem Zweck aus dem heimischen Keller geholt hatte. Darunter befand sich auch ein Album mit einem Lied, das zwar von 1814 stammt („Wenn alle untreu werden“) und damals Schwung in die Befreiungskriege gegen Napoleon bringen sollte, das 115 Jahre später aber auch von der SS gesungen wurde. Prompt ist nun groß Geschrei: Erstens, dass diese Ministerin die Platte überhaupt angefasst hat, zweitens, dass Heino dieses Lied gesungen hat, und drittens, dass damit sonnenklar wird, dass all diese Heimatministerien gerade den Rückfall in den Faschismus vorbereiten.

1814 gab es noch keine Nazis

Bleibt an dieser Stelle der Versuch, festzuhalten: Ein, Punkt eins, aus heutiger Sicht sehr unappetitlicher Hang zum Chauvinismus steckt tatsächlich oft in der Dichtung der Befreiungskriege. Deswegen ist es aber keine Nazi-Dichtung, denn Nazis gab es 1814 noch gar nicht. Heino, Punkt zwei, hat zeit seiner mehr als 50 Jahre währenden Karriere schon öfter mal komischen Kram gesungen („Schwarzbraun ist die Haselnuss“), der aus unserer Sicht sehr gern nach dem 8. Mai 1945 mit anderem Krempel aus dem eingestürzten „Führerbunker“ für immer hätte verschollen bleiben dürfen. Aber Heino selbst ist darum kein Nazi, und er hat durch bloßen Gesang keine Nazis produziert. Und Punkt drei: eine Ministerin kann sich nicht jede Platte erst anhören, bevor sie diese als Geschenk annimmt. Vielleicht tut sie dies ja jetzt am Wochenende. Vorausgesetzt, Scharrenbach findet in ihrem Keller einen Plattenspieler. In jedem Fall landet wahrscheinlich die Platte da.