Nach dem Infoabend in der Lindenbachhalle läuft es wohl darauf hinaus, dass das geplante SSB-Depot an der Motorstraße gebaut wird.

Weilimdorf - Dass die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) in Weilimdorf einen neuen Betriebshof bauen will, der bis zu vier Hektar Fläche beansprucht, das hatte bei der Erstvorstellung des Planes im Bezirksbeirat fast die Kapazität des Sitzungssaales gesprengt. Dementsprechend war nun die Lindenbachhalle bei der Informationsveranstaltung mit offener Diskussion über die Sitzplatzreserven hinaus gefüllt. Es lag also Spannung in der Luft. Umso mehr, da schon weit vor Beginn einige Aktivisten des Aktionsbündnisses gegen den von der SSB bis dato bevorzugten Standort Flachter Straße die Herbeiströmenden per Flugblatt mit einschlägigen Informationen munitioniert hatten. So deutete alles auf eine heiße Debatte hin. Dann aber lief es ganz anders.

 

Dafür sorgte Volker Christiani, der Leiter des Stabsbereiches Planung der SSB, in mehrfacher Hinsicht. In seinem mehr als einstündigen Vortrag stellte er das Vorhaben angesichts des Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs mit jetzt schon bestehenden Engpässen als zwingend erforderliche Infrastrukturmaßnahme für die Stadtbahn dar. Nicht minder alternativlos, auch wenn Christiani die Vokabel nicht gebrauchte, sei Weilimdorf als Standort für den neuen Betriebshof. Als Drittes kam hinzu: „Wir haben alles geprüft, was in den vergangenen vier Wochen hereinkam und Potenzial für Weiterentwicklung zu haben schien.“

Standortalternativen durchgespielt

Planerisch durchgespielt wurden so sieben Standortalternativen zur Flachter Straße, was Christiani auch darstellte. Einzig verblieben ist aber die schon im Bezirksbeirat aufgekommene Idee, den damals abgeschriebenen Standort Motorstraße zu retten: Indem die Gleise für die Zuführung nicht über die Hemminger Straße führen, sondern am Südrand des Gewebegebietes, entlang der Bundesstraße. Ein Raunen ging durch den Saal, als Christiani feststellte: „Diese Variante scheint machbar.“

Damit war der Standort Flachter Straße im Grunde „beerdigt“. Davon schienen noch die ersten Beiträge überrascht, die wie ein Nachklapp zu diesem Plan wirkten. Auch Tobias Hörnle schien der Sache noch nicht ganz zu trauen, als er fragte: „Wird von der SSB tatsächlich nach Alternativen gesucht oder werden hier solche nur pro forma vorgestellt, um die Bürger ruhigzustellen?“ Dem stellte Christiani den „gewaltigen Aufwand“ entgegen, mit dem „wir die vergangenen vier Wochen alle Anregungen aufgegriffen und abgearbeitet haben“. So betonte er: „Wir hätten das sicher nicht gemacht, wenn wir alles nur hätten wegwinken wollen. Der große Aufwand für die Zuführung ist für uns bei der Motorstraße-Süd kein K.o.-Kriterium.“

Landwirte sehen sich gefährdet

Starker Beifall brandete auf, als sich ein Beitrag direkt an Christiani wandte: „Setzen Sie die Motorstraße durch. Alles andere ist nicht vermittelbar.“ Und um Haaresbreite wäre es im Zuge einer weiteren Wortmeldung fast zu einer diesbezüglichen Ad-hoc-Abstimmung gekommen. Wie die ausgegangen wäre, darüber schien im sehr lebhaft gewordenen Saal kein Zweifel zu bestehen.

Da sich so in fast drei Stunden keine einzige Stimme prinzipiell gegen einen Betriebshof erhoben hatte, klangen gegen Ende die Stimmen der Landwirte, auf deren Ackerböden der Betriebshof gebaut werden soll, entsprechend verzagt. Konrad Ritz, der Ortsobmann der Weilimdorfer Bauern, stellte fest: „Wenn jeder die Notwendigkeit für dieses Großprojekt sieht, dann wird die Landwirtschaft das nicht verhindern können.“ Es gäbe Betriebe, denen 20 Prozent Flächenverlust drohten: „Ab fünf Prozent ist die Existenz gefährdet“, fügte er hinzu und meinte: „Bis vorhin hatten wir die Wahl zwischen Pest und Cholera. Jetzt fällt die Cholera weg.“ Völlig resigniert klang sein Kollege Thomas Ludmann: „Wir haben noch vier landwirtschaftliche Betriebe in Weilimdorf, bald haben wir vielleicht gar keine mehr.“

Christiani brachte „Kompensationsflächen“ ins Spiel, und die Bezirksvorsteherin Ulrike Zich räumte ein: „Es ist eine schwierige Entscheidung. Irgendwer wird immer gebissen, egal wie entschieden wird.“ Christiani hofft, dass „im Sommer die Entscheidung über den Standort fällt“. Wenn das Planungsprozedere durch sei, könne man „2021, 22, 23 ans Bauen kommen“. Er nannte dies einen „ambitionierten, sportlicher Zeitplan“.