Höhepunkt ist an solch einem Tag natürlich die Rede Joachim Gaucks. Der Bundespräsident kann wie kaum ein anderer über die bewegenden und aufwühlenden Wochen und Monate des Bürgeraufstands in der DDR und die Wiedervereinigung Deutschlands reden. Doch dieses Mal belässt er es bei wenigen Worten über die Freiheitsglocken, die vor 23 Jahren um Mitternacht die deutsche Wiedervereinigung einläuteten und die er noch immer im Ohr habe. Und er erinnert auch kurz an die Bereitschaft zur Verantwortung, den Entscheidungsmut und die Improvisationsfähigkeit damals, „um Freiheit in der Freiheit zu gestalten“.

 

Gaucks Rede an die „lieben Landsleute und Freunde Deutschlands“ ist nicht rückwärtsgewandt, sondern geht in die Zukunft, für die er drei Herausforderungen sieht: den demografischen Wandel, die digitale Revolution und die wachsende Verantwortung Deutschlands in der Welt. In seiner Ansprache benennt der Bundespräsident die Probleme so deutlich, wie man das im Wahlkampf nicht gehört hat. Und er benennt seine „Grundmelodie: Ich sehe ein Land, das als Nation ,Ja‘ sagt zu sich selbst, das das Mögliche tut, solidarisch im Inneren wie nach außen.“

Und dann kommt noch das Lied, das Gänsehaut macht: Der wunderbare große Staatsopernchor singt „Einigkeit und Recht und Freiheit . . .“, so stark, so metallisch hat man das lange nicht gehört. Alle stehen auf und singen die Strophe noch einmal gemeinsam. Ein wahrer Festakt.