Eine neue Software befördert Staatsarchiv-Akten schneller im Netz. Entwickelt hat sie der 19-jährige Student Alexander Zeising.

Ludwigsburg - Für das, was früher in stundenlanger, mühevoller Kleinstarbeit passierte, benötigt Alexander Zeising nur wenige Minuten. Genauer gesagt: nur rund ein Fünftel der Zeit. Für das Ludwigsburger Staatsarchiv ist der 19-Jährige daher ein Glücksfall. Der Student hat ein Programm entwickelt, mit dem die Aktenbestände des Archivs schneller als bislang ins Internet wandern – und das zudem deutlich zuverlässiger arbeitet.

 

„Aux Imago“ heißt die Software, die Zeising während seines Praktikums in der Ludwigsburger Behörde programmiert hat. Grob gesagt, hilft sie dabei, digitalen Bildern die richtigen Namen zuzuordnen. Bislang geschah das in mühevoller Handarbeit am PC, nun benennt das Programm die Scans beinahe automatisch und sortiert zudem jene aus, die später nicht für den Nutzer interessant sind. Mit Hilfe des Tools hat das Staatsarchiv nun den größten zusammenhängenden Bestand an Akten in seiner Geschichte ins Netz geladen – was Hobbyforscher und Historiker freut.

Die mehr als 700 000 Seiten beinhalten vor allem Aufzeichnungen der Ludwigsburger Kreisregierung. Einer Behörde, die heute am ehesten mit dem Regierungspräsidium zu vergleichen ist, erklärt Michael Müller, der Chef des Staatsarchivs. Vom Jahr 1817 an hatte die Kreisregierung im Ludwigsburger Schloss ihren Sitz und verwaltete ein Gebiet, das bis nach Heilbronn reichte. Erst 1924 wurde die Behörde aufgelöst. Die Akten aus jener Zeit decken den kompletten Alltag ab, von Versicherungsverträgen bis zu Lotterieausschreibungen. Am Interessantesten dürften aber Ehrungen und Bürgerrechtsverleihungen sein: 750 000 Zugriffe verzeichnete das Staatsarchiv allein im Jahr 2016 auf seine online verfügbaren Akten.

Mehr als 750 000 Zugriffe auf die Akten – pro Jahr

Bis die gesamten Dokumente, die sich in Ludwigsburg auf insgesamt 40 Kilometern aneinanderreihen, im Netz landen, ist es trotz der Software von Alexander Zeising ein langer Weg. Denn zunächst werden die Originale von Mitarbeitern eingescannt und auf Mikrofilm gebannt. Im Barbara-Stollen nahe Freiburg bunkert die Bundesrepublik Deutschland die wichtigsten Erinnerungen; tausende Fässer mit Mikrofilmen lagern dort unter der Erde: Sie sollen auch im Krisen- und Kriegsfall erhalten bleiben. In Ludwigsburg werden aus den Mikrofilmen in einem zweiten Schritt dann digitale Bilder gemacht – die allerdings korrekt bezeichnet werden müssen. Hier kommt dann die Software von Alexander Zeising ins Spiel.

Sie ordnet jedem digitalen Abzug den korrekten Namen zu. Erst dann wandern die Scans ins Netz. Denn erst dann kann der Nutzer sie auch finden. Das erspart vielen Historikern den Gang ins Archiv. Seine Technik stellt Alexander Zeising dem Archiv kostenlos zur Verfügung. Ein Geschäftsmodell habe er nicht entwickelt. „Dafür fehlt einfach die Zeit.“