Die Nachricht überrascht viele: Ein Teil der Haupttribüne wird für 65 Millionen Euro saniert. Die Arena soll für die EM 2024 fit gemacht und für den VfB ausgebaut werden. Während des Umbau stehen weniger Plätze zur Verfügung.

Stuttgart - Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) haben am Montag bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für die Jahre 2020 und 2021 völlig überraschend einen erneuten Ausbau der Mercedes-Benz-Arena angekündigt. Vier Wochen vor der Präsentation der Idee im Aufsichtsrat der Stadion GmbH & Co. KG erklärten sie, die Arena solle für die EM 2024 fit gemacht und für den VfB ausgebaut werden.

 

Das Investitionsvolumen soll 65 Millionen Euro betragen. Zwei Maßnahmen sind vorgesehen: Für etwa 20 Millionen Euro wird der weitgehend aus dem Jahr 1974 stammende untere Bereich der Haupttribüne erneuert – „im Kontext der Euro 2024, so der Stadion-Geschäftsführer Martin Rau. Die Mixed-Zone, Technik- und Umkleideräume, der Mannschaftsbusparkplatz, LED-Scheinwerfer, Medien- und Sicherheitsbereiche entsprächen nicht mehr modernen Anforderungen. Außerdem wolle der VfB, so dessen Finanzvorstand und Stadion-KG-Mitgeschäftsführer Stefan Heim, den Businessbereich auf der Haupttribüne optimieren und um einige Plätze erweitern. Fuhrmann sagte, der Verein habe noch deutlich höhere Ansprüche angemeldet, die man aber abgelehnt habe.

Im Ursprungsplan ist die Investition nicht vorgesehen

Der Umbau könnte nach Abschluss der Saison 2021/22, also im April 2022, erfolgen. Zum Beginn der übernächsten Runde (September 2023) soll er fertig sein. Man habe dann genügend Zeit, um nachzujustieren, sagt Rau. Die Kapazität auf der Haupttribüne reduziere sich während der Bauzeit um rund 8000 Sitzplätze. Eine endgültige Entscheidung über den Umbauumfang falle aber erst im nächsten Sommer; man wolle die Entwicklung beim Hauptmieter VfB Stuttgart abwarten – schließlich geht es ums Geld.

22,5 Millionen Euro soll der Zweitligist direkt in die städtische Stadion KG einbezahlen, die für denselben Betrag ein Darlehen aufnimmt und die Gesamtverschuldung somit auf 75 Millionen Euro erhöht. Die Stadt schießt zudem 20 Millionen Euro zu. Der VfB ist ein atypisch stiller Gesellschafter, sein ursprünglicher Anteil von 27 Millionen Euro ist seit 2008 auf fünf Millionen Euro wegen anhaltender Jahresverluste gesunken.

Rathausspitze setzt auf erstklassigen VfB

Der auf 40 Jahre angelegte Wirtschaftsplan des als „stabiles Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsmodells“ gepriesenen Umbau des Leichtathletikstadions in eine Fußballarena sah eine solche Investition aktuell nicht vor. Lediglich die Erneuerung des Stadiondaches hatte man einkalkuliert und auch vollzogen. Es war vielmehr geplant, dass die Stadion KG bis 2041 nicht nur schuldenfrei sein soll, sondern rund 70 Millionen Euro für eine grundlegende Erneuerung angespart zu haben. Es wäre nicht sinnvoll, notwendige Modernisierungen auf die lange Bank zu schieben, begründen die Geschäftsführer Rau und Heim die Neuausrichtung.

Die Stadiongesellschaft will die Investition, die wohl ebenso teuer würde wie der 2008 beschlossene Totalumbau, mit einer Erhöhung der Grundpacht von 5,3 auf 6,3 Millionen Euro finanzieren. Rau verweist zudem auf eine freie Liquidität von bis zu 800 000 Euro jährlich in der KG, sodass für die Darlehen 1,8 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stünden. Wie Bürgermeister Fuhrmann betont auch er, das Projekt setze voraus, dass der VfB bald wieder erstklassig spiele. Denn der Verein zahlt derzeit nur die halbe Pacht.