Gertrud Müller erhält die Medaille der Stadt in Gold. Der Bürgermeister Georg Brenner würdigt das Engagement der gebürtigen Hohenloherin. 200 Besucher feiern die 78-Jährige.

Gerlingen - Sie gilt als die erste „Grüne“ in der CDU-Fraktion des Gerlinger Gemeinderats, sie war Mitbegründerin der Freizeitgruppe für Menschen mit und ohne Handicap, sie hatte jahrelang den Vorsitz der Fördergemeinschaft Pflege inne, sie wird als sympathisch, sensibel und hilfsbereit beschrieben – und als Frau, der über Jahrzehnte hinweg trotz Familie und drei Kindern keine ehrenamtliche Aufgabe zu viel war. Vor 200 Gästen ist Gertrud Müller am Dienstag mit der Ehrenmedaille der Stadt in Gold ausgezeichnet worden. Alle im Rathaussaal waren der Ansicht, dass sie die Anerkennung verdient hat. Und sie selbst fühlte sich sichtlich wohl ob der Würdigung ihres langen Tuns.

 

Es war eine Feierstunde mit sehr familiärem Charakter. Nicht nur, weil mit Cosima und Leon Melheritz zwei Enkel den musikalischen Rahmen mit Klavier und Horn gestalteten. Und nicht nur, weil die Gäste, die Vereine, Organisationen oder kirchliche Einrichtungen vertraten, sich mit der Geehrten verbunden fühlten. So kam quasi eine ganz große Familie zusammen – denn Gertrud Müller war in den vergangenen Jahrzehnten in und für sehr viele Gruppen tätig. Wie beliebt sie ist, zeigte sich schon vor der Veranstaltung: Da begrüßte die 78-Jährige jeden Gast persönlich. Es ergab sich ein Defilee, die Gäste warteten die Treppe hinab bis ins Erdgeschoss. Ein beeindruckendes Bild. Und für jeden hatte sie ein nettes Wort parat.

„Der christlichen Nächstenliebe verpflichtet“

Der Bürgermeister Georg Brenner würdigte Müller in einer gut halbstündigen Rede, die sowohl Zeitpunkte aus ihrem Leben aufnahm als auch die thematischen Schwerpunkte ihres vielfältigen ehrenamtlichen Engagements abbildete. Ihre Erinnerungen an die Endphase des Zweiten Weltkriegs hätten den Grundstock gelegt für ihren Charakter, ihre Lebensziele und ihre Werte, so der Bürgermeister – und diese „ihr ganzes Leben beeinflusst und bestimmt“. Gertrud Müller habe sich der christlichen Nächstenliebe verpflichtet gefühlt und sich entschieden, neben der Sorge um ihre Familie „ein Leben für viele andere Menschen“ zu führen. Damit zitierte Brenner die Überschrift eines Artikels aus dieser Zeitung vom August 2014.

1978 rückte Müller in den Gemeinderat ein – alsbald wurden Soziales und Familie, Umwelt, Kultur, Vereine und Städtepartnerschaften ihre Themen. 26 Jahre lang war sie in der CDU-Fraktion, und dabei mit den Kollegen nicht immer einer Meinung, auch, weil sie manche „grüne“ Position vertrat. Für Jugendliche hat sie sich eingesetzt, für die Volkshochschule und die Arbeiterwohlfahrt, sie hinterfragte Flächenverbrauch für Neubauten. Sie habe überlegt, ob sie die Ehrung annehmen solle – und sie tue dies, um andere zu motivieren. Sie habe „einen großartigen Beitrag für ihre Heimatstadt“ geleistet, so Brenner.

Die Geehrte, die bei der Übergabe der Ehrenmedaille eine Träne verdrücken musste, dankte für die vielen Worte, war gerührt und berührt. Eigentlich sei Ehrenamt Ehrensache, sagte sie – und bedürfe keiner Auszeichnung. Ihre Kinder hätten sie aber bestärkt, die Ehrung anzunehmen – und ihr vor zwei Jahren verstorbener Mann Bernhard hätte dies auch gesagt. Sie wolle allen Danke sagen, „die ein Stück Weg mit mir gegangen sind“. Aufgaben seien ihr zugetragen worden, oft habe sie gemeinsam mit anderen gekämpft, „der grüne Faden zieht sich durch mein Leben“. Aber alles habe seine Zeit, zitierte sie aus der Bibel, mit „wir müssen loslassen können“ begründete sie das Ausscheiden aus der Fördergemeinschaft Pflege Ende vergangenen Jahres.

Beim letzten Dankeswort gerät ihr Lächeln der letzten 20 Minuten zum befreiten Lachen vor Freude: Gertrud Müller scheint diesen Abend zu genießen.