Nur ein Eingang führt ins Heimsheimer Gefängnis. Vor dem Einlass muss jeder hier vorbei.

Heimsheim - In unserer Serie „Stadt hinter Mauern“ werfen wir einen Blick hinter die Mauern der Justizvollzugsanstalt Heimsheim und stellen die unterschiedlichen Arbeitsbereiche und Abteilungen einmal genauer vor. Mitarbeiter berichten von ihren Aufgaben und ihren Erfahrungen und von den Herausforderungen des Gefängnisalltags. Heute: Außenwache.

 

Die Eingangstür der Justizvollzugsanstalt Heimsheim ist versperrt. Der Mann hinter der stark spiegelnden Scheibe fragt den Besuch als Erstes nach dem Anliegen und bittet um den Ausweis. Der wird direkt einbehalten, im Austausch gibt es ein kleines Metallschild, das erst beim Verlassen wieder zurückgetauscht wird. Danach öffnet sich die Eingangstür – die erste von vielen. Immer nur eine darf zur selben Zeit geöffnet sein. Gleich links geht es in den Warteraum mit den abschließbaren Spinden – denn Gegenstände wie Handys und Schmuck dürfen nicht mit aufs Gelände, Handys sind sogar komplett verboten. Dahinter wartet ein Metalldetektor und die Besucherkontrolle – samt Röntgengerät für die Jacken. Ein bisschen wie am Flughafen.

Einmal klingeln, Türe auf und reinspaziert? Dass das so einfach in einem Gefängnis nicht funktioniert, ist klar. Wer als Außenstehender einen Termin in der JVA in Heimsheim hat, sollte im Vorfeld immer ein paar Minuten mehr Zeit mitbringen. Joachim Kieslinger ist der Leiter der Außenwache, die 24 Stunden am Tag besetzt sein muss. „Wir sind der erste Baustein im Gefängnis, der Erstkontakt“, erzählt er. Das gilt für alle: Für Mitarbeiter, für neue Gefangene oder solche, die mal Ausgang haben, für Besucher und ebenso für Kunden, die einen Termin in einem der Werkbetriebe haben. „Wir sind hier so eine Art Zwitterding“, formuliert es Kieslinger und lacht. „Ein Aspekt unserer Arbeit ist Sicherheit und Ordnung. Wir sind aber auch für die Abwicklung von Kunden da.“

Stechuhr für die Mitarbeiter

Das Gespräch wird unterbrochen. Eine junge Frau mit einem Baby auf dem Arm möchte hinein, sie will einen der Insassen besuchen. Joachim Kieslinger lässt sich den Namen geben und schaut im Computer nach – sie ist angemeldet, das Kind aber nicht. Eigentlich wäre das notwendig gewesen. Doch der Beamte macht noch mal eine Ausnahme. „Das nächste Mal dran denken“, erinnert er die Frau.

„Für die Mitarbeiter sind wir praktisch die Stechuhr“, erklärt Kieslinger weiter. Jeder Bedienstete, der ankommt und geht, wird auf dem Plan abgehakt. Doch damit sind die Aufgaben der Außenwache noch nicht abgeschlossen. Während es auf der einen Seite zu Fuß auf das Gelände geht, trennt auf der anderen eine große Schleuse die JVA von der Außenwelt. Hier kommen sämtliche Fahrzeuge an – von Gefangenentransporten bis hin zu Lieferwagen. Als besondere Herausforderung gestaltet es sich dabei, die großen Lkws bis in den letzten Winkel zu kontrollieren.

Das Gespräch wird erneut unterbrochen. Das Telefon klingelt. Ob man denn auch ohne Ausweis einen Insassen besuchen darf? Dafür gibt es von Joachim Kieslinger ein klares Nein. „Ich erkläre den Leuten dann immer: Hier ist es wie an der Staatsgrenze oder beim Fliegen. Da käme ja auch keiner auf die Idee, ohne Ausweis hinzugehen.“

Zensur statt Briefgeheimnis

Für weit unscheinbarere „Besucher“ führt ebenfalls kein Weg an der Außenwache vorbei: Briefe und Pakete kommen als Erstes hier an und werden kontrolliert – eingehende und ausgehende: Zensur statt Briefgeheimnis. Jeder Brief muss geöffnet werden für den Fall, dass sich etwas Verbotenes darin befindet. Der Inhalt darf nicht nur gelesen werden, er sollte es sogar, so Kieslinger. „Wenn einer an seine Frau schreibt: Ich habe gestern um 11 Uhr versucht, dich anzurufen. Da wissen wir dann sofort: Aha, da scheint ein Handy im Umlauf zu sein.“ Klar gibt es auch hier Ausnahmen wie bei Anwaltsschreiben.

Die nächste Unterbrechung, eine Frau steht draußen, die auf ihren Ehemann wartet. Er wollte sich hier mit ihr treffen. Streckenweise geht es zu wie im Taubenschlag. „Eigentlich bräuchten wir mehr Leute hier“, sagt Kieslinger bestimmt. „Wenn an einem Tag auch noch viel Post ankommt, ist das kaum zu schaffen.“ Vor allem, wenn Briefe auch noch in einer fremden Sprache geschrieben sind.

Nicht immer sind die Inhalte zwar von Belang für den Vollzug – aufschlussreich aber allemal. So wie der Briefverkehr eines Heiratsschwindlers, der aus diesem Grund erst hinter Gittern gelandet war: „Der hatte selbst vom Gefängnis aus draußen noch zehn Frauengeschichten am Laufen. Der einen hat er sogar erzählt, er wäre hier der Anstaltsleiter.“