Die Landeshauptstadt will im Jahr 2020 trotz Coronakrise investieren und Stellen schaffen, wie sie es geplant hatte. Möglich machen es ein riesiger Jahresüberschuss aus 2019 und die Hilfen von Bund und Land. Aber dann könnten sich einige Dinge den Haushalt betreffend ändern.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt wird zumindest in diesem Jahr wahrscheinlich ohne drastische Notoperationen an ihrem Haushaltsplan und ohne quälende Einsparrunden aus der Corona-Krise kommen. Und dies, obwohl die Steuer- und Gebühreneinnahmen in den Keller rauschen und der Aufwand für die Pandemiebekämpfung groß ist.

 

OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) haben den Stadträten am Donnerstag in dem Zusammenhang zwei allgemein als erfreulich bewertete Botschaften überbracht. Zum einen erhält Stuttgart durch die Rettungsschirme von Bund und Land in der Summe rund 208 Millionen Euro, zum anderen bleibt der Stadt vom vergangenen, noch nicht von Corona überschatteten Haushaltsjahr ein Überschuss von 306 Millionen Euro übrig. Damit kann die Landeshauptstadt die Steuerausfälle von 384 Millionen Euro und die diversen Mehraufwendungen, etwa für Schutzkleidung im Klinikum, ebenso decken wie die Mindereinnahmen beispielsweise aus Kita-Gebühren. Alle Aufwände und Mehrausgaben zusammen schlügen mit rund 500 Millionen Euro zu Buche, erklärte die Verwaltung.

Man wolle positive Impulse geben, nicht in den Aufschwung hineinsparen, so Kuhn.

„Stand heute kommen wir 2020 mit einem blauen Auge davon“, sagte Fuhrmann. Er sowie Kuhn und die Kämmerei haben den Stadträten daher den Vorschlag gemacht, all die Investitionen, Stellenschaffungen und anderen neuen Ausgaben planmäßig umzusetzen, die der Gemeinderat kurz vor Weihnachten mit dem Doppelhaushaltsplan 2020/2021 beschlossen hatte. Die unter dem Eindruck der Coronakrise zunächst verfügte Sperre über 15 Prozent der vorgesehenen laufenden Ausgaben in diesem Jahr nehmen Kuhn und Fuhrmann zurück. „Wir wollen nicht in den erhofften Aufschwung hineinsparen“, sagte Kuhn. Man wolle positive Impulse geben. Allerdings befürwortet die Verwaltungsspitze eine Sperre für 2021.

Der Grund: Da seien die Risiken hoch, sagte Kuhn. Man werde sicherlich auch weniger Gewerbesteuern einnehmen als geplant. Mit Rettungsschirmen von Bund und Land könne man nicht mehr rechnen. Und sicherlich werde es auch keine Jahresüberschüsse mehr geben wie 2019 und in den Jahren davor. Was auch bedeute, dass die Verwaltung und der Gemeinderat keinen Topf mehr haben, um aus dem Überschuss Rücklagen für ganz bestimmte Vorhaben zu bilden, die sogenannten Davonrücklagen. Ende 2020 werde man einen Nachtragshaushalt für das kommende Jahr aufstellen, sagte Kuhn. Und für das Restjahr 2020 will man im Juli wieder Kassensturz und einen Nachtragshaushalt angehen.

Mehrheit der Fraktionen befürwortet den Kurs

Die Stadträte atmeten auf. „Wir müssen vielleicht doch nicht an die Substanz rangehen“, sagte Andreas Winter (Grüne). Allerdings wisse man auch, dass die Wirtschaft lang brauche, bis sie sich erhole. Man müsse daher an einem Aufschwung arbeiten – und gleichzeitig eine zweite Welle von Infektionen verhindern. Martin Körner (SPD) widersprach der Verwaltung auch nicht, sah aber den Zeitpunkt kommen, dass Stuttgart Geld von der hohen Kante nehmen und es zielbringend einsetzen müsse, anstatt es Eigenbetrieben zu leihen oder es zu Minuszins anzulegen. Noch im Juli müsse man aktiv werden und neue Geschäftsmodelle in Branchen fördern, die wieder arbeiten, aber keine Umsätze machen. Hannes Rockenbauch, Fraktionschef des Linksbündnisses, fand den Kurs der Verwaltung auch richtig. Die Kommunen müssten in der Krise Stabilitätsanker sein. Er kritisierte CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Dieser hatte nämlich als einziger deutlich (und mit Zustimmung der FDP) gefordert, dass die Stadt schon 2020 Potenziale für ein Sparen „ohne Reinsparen in den Aufschwung“ sichtet. Gerade weil es 2021 schwierig werde. „Herr Kotz will doch nur mit der Ausrede Corona einen Haushalt korrigieren, den er und die CDU im Dezember schon nicht gewollt haben“, konterte Rockenbauch.