Seit drei Jahren streiten die Stadt und der Baukonzern Wolff & Müller um Millionenbeträge im Zusammenhang mit dem Bau des Leuze-Tunnels. Am kommenden Montag treffen die Beteiligten vor Gericht aufeinander. Im Mittelpunkt des ersten Verhandlungstages steht insbesondere eine zentrale Frage.

Stuttgart - Es geht um 115 Millionen Euro, die zwischen der Stadt und dem Zuffenhausener Bauunternehmen Wolff & Müller strittig sind: Am kommenden Montag beginnt vor der 28. Zivilkammer des Stuttgarter Landgerichts der Prozess um die von der Stadt ausgesprochene Kündigung der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen beim Bau des Leuze-Tunnels.

 

Die Klage der Stadt richtet sich gegen zwei Tochterfirmen, die Wolff-&-Müller-Ingenieurbau GmbH sowie die Hoch- und Industriebau GmbH. Beide Unternehmen waren bis 2017 mit dem Bau des Leuze-Tunnels – eines Teilstücks des Millionenprojekts Rosensteintunnel – beauftragt. Grund: zu hohe Nachforderungen seitens des Unternehmens sowie nach Auffassung der Stadt gravierende Sicherheitsmängel bei den Bauarbeiten. Wolff & Müller hatte seinerseits sämtliche Vorwürfe bestritten und der Stadt Fehler bei der Planung und Koordination der Baustelle attestiert.

180 Aktenordner liegen dem Gericht vor

Nachdem verschiedene Gütetermine gescheitert waren, geht es nun also ans Eingemachte. Die Stadt fordert von ihren bereits geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von rund 29 Millionen 13 Millionen Euro zurück und macht zudem Schadensersatz von knapp 47 Millionen Euro wegen verzögerter und damit teurerer Fertigstellung des Tunnels. Das Bauunternehmen seinerseits fordert Nachzahlungen für wegen der Vertragskündigung nicht mehr erbrachte Leistungen in Höhe von 55 Millionen Euro.

Nach Angaben des Landgerichts steht am ersten Verhandlungstag im Saal 105 des Landgerichts vor allem die Frage der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom Frühjahr 2017 im Zentrum. Davon, so das Gericht, hänge „in weiten Teilen der Erfolg oder Misserfolg der gegenseitig erhobenen Ansprüche ab“. Vor allem die von der Stadt geltend gemachten Sicherheitsbedenken bei Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe zu den Stadtbahngleisen der SSB dürften dabei zur Sprache kommen – ein Gutachter ist dazu geladen. Das Verfahren ist eines der umfangreichsten der jüngeren Geschichte. Der Schriftsatz der Prozessparteien umfasst 4500 Seiten, 180 Aktenordner liegen dem Gericht vor.

Gemeinderat hatte 2017 der fristlosen Vertragskündigung zugestimmt

Im März 2017 hatte der Gemeinderat ohne Gegenstimme der Kündigung des Bauvertrages „aus wichtigem Grund“ zugestimmt. Unter anderem war ein Jahr zuvor auf der Baustelle ein Arbeiter erschlagen worden, als zentnerschwere Betonteile von einem Gabelstapler rutschten. Für die Stadt liegt darin ein wesentlicher Grund für die Kündigung. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Ermittlungsverfahren gegen die verantwortlichen Bauleiter der Firma wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet.