Der Umbau der Stadtbahnhaltestelle Bopser im Sinne der Barrierefreiheit erfordert während der neun Wochen Bauzeit über Pfingsten und in den Sommerferien zeitweilig eine vollständige Sperrung der Hohenheimer Straße.

Stuttgart - Sarkasmus hilft oft, belastende Zustände besser zu ertragen. Ein Anwohner der Danneckerstraße meint daher in Bezug auf die Umleitung einer Hauptverkehrsader in die Nebenstraße: „Vielleicht sollten wir die Luftfilter aus der Hohenheimer Straße jetzt bei uns aufstellen.“ Derzeit leiden die Anwohner in der Danneckerstraße bereits an zu viel Verkehr, weil vorübergehend wegen Gleisarbeiten und eines Rohrbruches genau so eine Umleitung stadtauswärts eingerichtet ist. Doch das ist erst ein kleiner Vorgeschmack auf eine viel größere Belastungsprobe mit erheblichem Schleichverkehr. Bald droht monatelanges Chaos.

 

Denn der Umbau an der Haltestelle Bopser wird insgesamt neun Wochen dauern. Zunächst drei Wochen vom 17. Mai bis zum 6. Juni. Und schließlich sechs Wochen während der Sommerferien. Dabei sind sowohl die Fahrbahnen stadtein- und auswärts betroffen. Von Pfingstmontag an ist sogar eine Woche Vollsperrung geplant. Grund: Die vorletzte aller Stadtbahnhaltestellen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) soll barrierefrei werden, wie Peter Krauß, SSB-Ingenieur im Fachbereich Technische Infrastruktur, dem Bezirksbeirat Mitte unlängst erläuterte.

Anwohner sind belastet

Für die Anwohner in diesem Bereich sind das Hiobsbotschaften. Für Andreas Erdle aus der Danneckerstraße war zuletzt von fünf Uhr an nicht mehr an Schlaf zu denken. Der Lärm von der Straße sei unerträglich, besonders auf der Höhe zur Schickstraße, wo ein Teilstück der Straße gepflastert ist, könne man sich bei fließendem Verkehr nicht mehr normal unterhalten. Hinzu komme: Nur wenige Autofahrer hielten sich an Tempo 30. Erdle und andere Anwohner aus der Danneckerstraße ahnen in diesen Tagen, „was die armen Nachbarn aus der Hohenheimer Straße sonst aushalten müssen“: viel schlechte Luft, Lärm und Dreck.

Bei der SSB hofft man, dass die Autofahrer an Pfingsten und im Sommer die empfohlenen Ersatzstrecken annehmen, um so einen Verkehrsinfarkt zu vermeiden: „Die Umleitung beginnt in Degerloch über die Karl-Kloß-Straße oder am Albplatz über die Jahnstraße“, erläuterte Peter Krauß den Bezirksbeiräten, von denen manche die Stirn runzelten, weil für sie die Pläne nach Wunschdenken klangen. Sofort kamen Einwände, dass statt der weiträumigen Umfahrung wohl eher die Alte Weinsteige, die Neue Weinsteige, die Etzelstraße und die Immenhofer Straße zu Hauptrouten stadteinwärts werden würden, die dann wohl auch von Lkws benutzt würden.

Diskussion um Aufzugs-Lösung

Ungeachtet dessen ist Peter Krauß überzeugt vom Plan, die Haltestelle Bopser auch für Menschen mit Behinderung oder für Eltern mit Kinderwagen auf beiden Straßenseiten besser zugänglich zu machen. Krauß begründete auch, warum er alternative Baupläne verworfen hatte – etwa eine 90 Meter lange Rampe, die fast bis zur Haltestelle Dobelstraße gereicht hätte. Dies wäre aus Sicht des SSB-Ingenieurs keine gravierende Verbesserung. Auch die Variante, die Haltestelle mit einem Aufzug auszustatten, habe man schließlich verworfen. Grund sei die technische Anfälligkeit der Aufzüge, die in einem Schadensfall die Haltestelle für Menschen mit Behinderung zur Falle werden ließen. „Zudem hätte man zwei Aufzüge gebraucht“, sagt Peter Krauß und spielte damit offensichtlich auf die Kosten an. Doch die SSB konnte auf Nachfrage weder zu den Kosten der Aufzüge noch zu den Gesamtkosten des Umbaus mit dem Hinweis auf noch nicht abgeschlossene Planungen Auskunft geben. Auch die Frage nach den kalkulierten Kosten für den Umbau fand keine Antwort. Dem Bezirksbeirat Mitte wurden in der Sitzung ebenfalls keine Angaben zu den Kosten gemacht.

Stattdessen referierte Peter Krauß ausführlich über die neunwöchige Baumaßnahme an einer neuralgischen Stelle der Stadt. „Es ist eine verrückte, aber einfache Idee“, so Krauß, „denn es gibt eine Stelle, an der das Bodenniveau der Haltestelle und der Straße gleich sind.“ An dieser Stelle wird nun jeweils ein Loch in die Betonbrüstungen der Haltestelle geschlagen und die Bodenhöhen vollends angepasst. So erreiche man einen barrierefreien Zugang. Neu hinzu kommen vier Wartehäuschen, zwei Ampeln, frische Fahrbahnbeläge sowie zusätzliche Aufstellflächen.

Was sich im Grunde schlüssig aus Sicht der SSB anhört, schmeckt Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle nicht ganz. Im Hinblick auf die massiven und langen Belastungen durch die Baumaßnahmen hätte sie für die weniger aufwendige „Aufzugslösung plädiert“. Doch weder der Bezirksbeirat noch seine Vorsitzende Kienzle wurden bei der Planung nach ihrer Meinung gefragt. „Wir konnten diesen Umbau der Haltestelle in der Sitzung lediglich zur Kenntnis nehmen“, sagt Kienzle und ahnt, dass dies nicht das letzte Wort zur neunwöchigen Baustelle mit (Teil-)Sperrungen der Hohenheimer Straße war.