Mit viel Erfahrung und noch mehr Herzblut tritt Nadja Reichert als Citymanagerin an.

Leonberg - Die Frage, wie „ihre“ Stadt nach vorne gebracht werden kann, treibt sie schon lange um. Nadja Reichert ist nicht nur gebürtige, sondern auch überzeugte Leonbergerin. Nun hat die 46-Jährige ausführlich Gelegenheit, neue Akzente zwischen dem Mahdental und Gebersheim zu setzen: Zum 1. Oktober tritt sie ihr Amt als Citymanagerin an.

 

Und diese Aufgabe scheint ihr auf den Leib geschnitten zu sein. Denn schon seit fast einem Vierteljahrhundert beschäftigt sich Nadja Reichert mit dem Einkaufs- und Wirtschaftsstandort Leonberg, mit der Situation der stationären Händler, den Wünschen der Kunden und dem Image der Stadt.

Als Mediaberaterin unserer Zeitung hatte die Mutter einer erwachsenen Tochter ihr Ohr direkt am Markt. Ob in der Altstadt, in Eltingen oder im LeoCenter: Mit den Geschäftsleuten pflegte Nadja Reichert einen offenen Dialog.

Wer tickt wie?

„Um unsere Kunden gut und nachhaltig beraten zu können, musste ich wissen, wie sie ticken und wie sie ihr Geschäft angehen“, erinnert sich Reichert an die zahllosen intensiven Gespräche mit Händlern und Gastronomen, die im Laufe der Jahre vielfach in einem echten Vertrauensverhältnis mündeten.

Ihre Einblicke in die oft komplexe Situation des Einzelhandels brachten sie auf immer wieder neue Ideen, die sie in Form von Aktionen und Sonderformaten in der Zeitung umsetzte. Im Verlagshaus wurde ihre kreative Umtriebigkeit geschätzt, sie wurde mit der Produktentwicklung betraut, um noch gezieltere lokale Strategien für die Kunden ausarbeiten zu können.

Parallel verfolgte Nadja Reichert den wachsenden Markt im Internet sowie die Sozialen Medien und machte sich Gedanken, wie lokale Geschäfte sich in diesem Kontext positionieren könnten.

Die stets neugierige Frau, die in der gesamten Stadt sehr gut vernetzt ist, wollte wissen, wie der Handel von innen läuft. Sie wechselte zum Fachgeschäft Ziegler Wohn- und Tischkultur in der Leonberger Altstadt, wo sie das Marketing übernahm, aber auch im Verkauf und im Gastronomiebereich aktiv war.

Jetzt ist die Zeit reif

Nadja Reichert verhehlt nicht, dass sie schon vor einem guten Jahr – damals wurde die Stelle des Citymanagers erstmals ausgeschrieben – mit der Aufgabe geliebäugelt hatte. „Doch eine innere Stimme sagte mir, dass die Zeit noch nicht reif war“, erinnert sie sich. Als sich abzeichnete, dass der damals eingestellte Citymanager ein großes Missverständnis für alle Beteiligten war, gab es nicht wenige, die Reichert zur Bewerbung ermunterten.

Doch die Marketingspezialistin ließ sich Zeit. Erst wollte sie sich darüber im Klaren sein, ob und was sie bewegen kann.

Resultat des Nachdenkens: Sie hat viele Ideen, den Handelsstandort zu beleben und weiterzuentwickeln. Also warf sie bei der neuerlichen Ausschreibung im Frühjahr den Hut in den Ring und überzeugte mit ihrer Bewerbung nicht nur den Oberbürgermeister, sondern auch die Mitglieder des kommunalen Finanz- und Verwaltungsausschusses, vor denen sie sich mit ihren Mitbewerbern vorgestellt hat.

Wenn Nadja Reichert am 1. Oktober im Rathaus anfängt, betritt sie Neuland. Denn einen Citymanager hat es in Leonberg bisher quasi nicht gegeben. Erst als in den vergangenen Jahren die am Engelberg in hohem Maß vorhandene Kaufkraft immer stärker in andere Städte abfloss, setzte in der Kommunalpolitik die Erkenntnis ein, dass die heimische Geschäftswelt und deren Vermarktung zentral gesteuert werden muss. Doch bis dann die Position eines Citymanagers nach langen Diskussionen beschlossen wurde, dauerte es bis zum vergangenen Sommer.

Oberbürgermeister Martin Georg Cohn räumt der neuen Funktion einen hohen Stellenwert ein. Sie ist in keinem Amt integriert, sondern als Stabsstelle direkt beim OB angesiedelt – genau wie die Wirtschaftsförderung und künftig das Stadtmarketing. Alle drei Bereiche sollen sich gegenseitig ergänzen.

Die Ansprüche sind hoch

Die Stadträte hatten bei ihrer Zustimmung zum neuen Posten durchaus hohe Ansprüche formuliert: Ein Citymanager muss demnach einen engen Dialog mit dem Handel „auf Augenhöhe“ führen und durch seine Persönlichkeit überzeugen. Vor allem wünschen sich die Kommunalpolitiker einen kreativen und kommunikativen Amtsinhaber, der gemeinsam mit dem Handel neue Ideen entwickelt.

Dass Nadja Reichert angesichts ihrer Kontakte und ihrer offenen Art genau diese Anforderungen erfüllt, daran dürfte kaum einer zweifeln. Und die designierte Citymanagerin sieht es ähnlich: „Wenn ich meine neuen Kollegen im Rathaus kennengelernt habe, werde ich zuallererst die Händler besuchen und hören, was sie umtreibt“, kündigt sie an. „Nicht nur in der Kernstadt, sondern auch in den Teilorten.“ Wobei sie den Handlungsbedarf in der Altstadt als besonders hoch einschätzt, gerade was den Leerstand betrifft.

Ideen, so sagt Nadja Reichert, hat sie schon jede Menge. Die will sie nun aber erst einmal in Ruhe mit den Akteuren besprechen.

Dass bei der künftigen Profilierung der Gesamtstadt der Leonberger Hund eine größere Rolle spielen dürfte, zeigt schon der Umstand, dass sich die künftige Citymanagerin beim Fototermin auf dem Marktplatz mit einem Leonberger Hund ablichten ließ. Das Züchterpaar Ralph und Melanie Kaisser hatte dafür eigens ihre Stella zur Verfügung gestellt. Die Hundemama hatte im vergangenen Herbst drei Welpen geworfen – nach 29 Jahren kamen erstmals wieder Leonberger Hunde in der Stadt zur Welt, nach denen sie benannt sind. Wenn das kein gutes Zeichen ist.