Das Stadtticket, das von April an angeboten wird, entspricht dem Ludwigsburger Erfolgsmodell. Lohnen tut es sich aber nicht für jeden Fahrgast.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Es ist kein Scherz: Vom 1. April 2019 an sollen auch die Nutzer des Esslinger Busnetzes und der S-Bahn-Verbindung zwischen der Stadtteilen Zell und Mettingen in den Genuss eines Stadttickets kommen, mit dem sie wesentlich kostengünstiger als bisher das gesamte Öffentliche-Nahverkehrsnetz im Stadtgebiet nutzen können. Die Tageskarte für Einzelpersonen kostet dann drei Euro, das Gruppentagesticket für bis zu fünf Personen sechs Euro. Bisher müssen Fahrgäste für die Einzelkarte 2,50 Euro zahlen. Das entspricht dem Preis, den die Stadt Ludwigsburg seit dem 1. August ihrerseits für das Ludwigsburger Stadtticket verlangt.

 

Dort sind die Erfahrungen seither ausgesprochen positiv. Die erste Bilanz sieht ein Plus von sieben Prozent bei den Fahrgästen. Insgesamt seien bis jetzt rund 43 000 Stadttickets verkauft worden, ist aus Ludwigsburg zu hören.

Die Testphase läuft bis Ende 2020

Wie dort, wird es auch in Esslingen zunächst eine Testphase geben. Sie dauert bis zum Jahresende 2020. In der Mitte, also Anfang 2020, will der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) zusammen mit Ludwigsburg und Esslingen die Stärken des Projekts ermitteln und nach noch existierenden Schwachstellen suchen. Dabei wird sich dann auch zeigen müssen, ob die Einführung des Stadttickets tatsächlich so große Auswirkungen hat, dass die betrieblichen Abläufe beim Städtischen Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) überarbeitet werden müssen. Als im vergangenen Mai die SPD den Antrag auf Einführung des Stadttickets gestellt hatte, hatte die Verwaltung zu bedenken gegeben, durch den erwarteten Anstieg des Einzelkartenverkaufs in den Bussen könnte es zu Verzögerungen auf den Linien kommen. Auch seien in den Spitzenzeiten im Berufsverkehr Kapazitätsengpässe denkbar.

Während man sich in diesem Bereich noch in der Welt der Spekulation bewegt, gibt es bei den Kosten mittlerweile sehr konkrete Zahlen. Die Einführung des Stadttickets kostet Esslingen – weil die Fahrscheine erst von April an verkauft werden – im ersten Jahr 735 000 Euro. 2020 muss die Stadt dann voraussichtlich 980 000 Euro drauflegen.

Maximal kommen auf Esslingen 980 000 Euro Kosten zu

Diese Summe liegt rund 300 000 Euro über dem Betrag, den Ludwigsburg an den VVS überweisen muss. Stadtspezifische Gegebenheiten und das größere Busnetz werden dafür als Gründe genannt. Allerdings werden die Kosten erst ermittelt, wenn die tatsächliche Nachfrage bekannt ist. Bei den nun im Raum stehenden Summen handelt es sich um Maximalbeträge, die in den Verträgen mit dem VVS festgeschrieben werden. Dort wird aber auch stehen, dass sich Esslingen verpflichtet, mehr Geld zu zahlen, wenn das Stadtticket über das Jahr 2020 hinaus fortgesetzt wird und sich herausstellen sollte, dass der VVS mit den nun vereinbarten Zuschüssen nicht klar kommt.

Immerhin ist der VVS der Stadt Esslingen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einführung des Stadttickets entgegengekommen. Ursprünglich hatte der VVS-Chef Horst Stammler darum gebeten, Esslingen möge das Ticket erst Anfang 2020 einführen, weil der VVS mit der neuen Tarifstruktur ausreichend beschäftigt sei. Dieser Bitte hatte der Gemeinderat aber im Hinblick auf die anstehenden Großbaustellen im Esslinger Stadtgebiet abgelehnt und auf eine zeitnahe Einführung gedrängt.

Ursprünglich hatte sich Esslingen sogar um eine noch kundenfreundlichere Lösung bemüht. Der Versuch, an den bundesweiten Fördertopf zur Einführung eines kostenlosen ÖPNV heranzukommen, waren jedoch gescheitert. Nur fünf Modellkommunen – Bonn, Essen, Herrenberg (Kreis Böblingen), Mannheim und Reutlingen – nehmen an dem Projekt „Kostenloser ÖPNV“ teil.