Die Landeshauptstadt will mit ihren Stadtwerken die Energiewende in Großstädten vorexerzieren. Bevor der Aufsichtsrat wieder einmal darüber debattiert, knistert es im Gebälk. Manche Mitglieder des Gremiums vermissen klare Strategien.

Stuttgart - Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Stuttgart (SWS) hat an diesem Freitag dicke Bretter zu bohren. Auf der Tagesordnung: die künftige Strategie des Unternehmens, mit dem Stuttgart die Energiewende in der Großstadt vorexerzieren will. Doch eine Beschlussvorlage haben die Aufsichtsratsmitglieder vorab nicht bekommen. Sie können nur eine Tischvorlage in der Sitzung erwarten. Was dort an Spruchreifem herauskommen könnte, war schleierhaft – wie die Antwort auf die Frage, wie es bei den SWS und der Energiewende weitergehen soll.

 

Die Strategiediskussion hat im Sommer 2016 der neu angetretene Stadtwerke-Chef Olaf Kieserselbst angestoßen. Doch schon zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Technischen Geschäftsführer im Oktober 2015 hatten die Verantwortlichen der Stadt den Rückzug der noch jungen SWS aus Plänen für eine Windkraftanlage im Stuttgarter Tauschwald beschlossen – und den Rückzug aus Investitionen in Windräder in der Fremde eingeleitet. Der Auftrag stattdessen: das Geld lieber in den Aufbau von dezentralen Versorgungsstrukturen zu stecken.

Bis dato kommt man ohne Blockheizkraftwerke nicht aus

Das hieß damals neben Fotovoltaik auch die Versorgung ganzer Stadtquartiere mit Wärme und Strom. Dabei kommt man bis dato nicht ohne Blockheizkraftwerke aus. Die Motoren, die als Generatoren arbeiten, werden meist mit Erdgas gespeist. Nun steht auch so etwas auf dem Prüfstand, und das liege nicht zuletzt an Kieser, heißt es. Der in Salzgitter geborene und von der Energie Steiermark in Graz abgeworbene Geschäftsführer hat dem Vernehmen nach eine Diskussion aufgeworfen, die man in etwa so erklären könnte: ob die Stadtwerke ganz öko sein wollen oder nur öko-orientiert. Ob sie Technik verbauen, die wie Gasblockheizkraftwerke Kohlendioxid-Ausstoß verursachen, wenn nicht kohlendioxid-neutrales Biogas zur Verfügung steht. Diese Grundsatzfrage hat in der interessierten Öffentlichkeit größere Bedeutung erhalten durch die Klimaschutzbeschlüsse von Paris im Jahr 2015. Seither ist die sogenannte Decarbonisierung, also die Vermeidung von Kohlendioxid, das Thema. Wie aber sollen sich in diesem Rahmen die SWS positionieren? Welche Geschäftsfelder bleiben ihr?

Kommunikationskonzept kommt nur schleppend voran

Solche Fragen brennen den Fraktionsvertretern schon länger auf den Nägeln, zumal es auch bei anderen Bausteinen der Energiewende hapert. Vor ein paar Wochen musste die Verwaltung einräumen, dass Ausschreibung und Vergabe eines Kommunikationskonzepts für die Energiewende nur schleppend vorankommen.

Umso höher die Erwartungen der Ratsfraktionen, im Aufsichtsrat zu diskutieren. Doch sogar die Diskussion auf Basis einer Tischvorlage sahen sie als gefährdet an, was vor allem auf das Wirken von Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) zurückgeführt wurde. Heinz H. Pfeifer, Vertreter der SPD im SWS-Aufsichtsrat, schrieb deswegen eigens einen Brandbrief an OB Fritz Kuhn, und auch die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus soll interveniert haben. Dadurch, heißt es, sei die Diskussion an diesem Freitag erst wieder möglich geworden.

Pfeifer mag, auf diesen Brief angesprochen, nichts über den Inhalt sagen, nur Grundsätzliches. Man müsse jetzt endlich wissen, mit welchen Strategien, mit welchen Maßnahmen und mit welchem Zeitplan die SWS in die Zukunft gehen. Das bisher Feststehende sei vage und unverbindlich. Die Bürger wollten deutlich erkennbare Stadtwerke, die Mitarbeiter wollten wissen, woran sie arbeiten können.