Die Stadt setzt bei der künftigen Wohnbebauung große Hoffnungen auf das Teilgelände C 1 des Stuttgart-21-Areals. Denn die Bebauung anderer Flächen rückt nach den Verzögerungen bei S 21 in weite Ferne.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn (DB) muss ihren Fahrplan beim Verkehrsprojekt Stuttgart 21 um drei Jahre korrigieren, das hat auch Folgen für das städtebauliche Projekt. Das Teilgelände C 1 des S-21-Areals, auf dem es jetzt schon fast kein Gleis mehr gibt, ist nun der letzte Hoffnungsträger für einen ganz zügigen Wohnungsbau.

 

Am Mittwoch bereits hatte OB Fritz Kuhn (Grüne) beklagt, die Masse der angepeilten 7500 Wohnungen auf dem S-21-Areal könne nun erst Jahre später gebaut werden, auf C 1 immerhin etwas zeitiger bis zu 1500 Wohnungen. Zwischen Pragfriedhof und Gäubahnkurve werde sich die eine oder andere Nische auftun, um vergleichsweise bald und auch zur Internationalen Bauausstellung (IBA) 2027 Wohnungen erstellen zu können, hieß es dann am Donnerstag im Rathaus. Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) bestätigte dies. So mancher Mitarbeiter befürchtet aber, dass der Zuschnitt auf die IBA, für die innovative Ansätze gefragt sind, die Sache wieder verzögert.

Würde man erst nach der Fertigstellung des neuen Bahnknotens Stuttgart mit dem Wohnungsbau beginnen, wäre das Jahr 2027 nicht zu schaffen. Denn ein von der DB eingeholtes Gutachten sagt voraus, dass das Projekt (letztes offizielles Zeitziel der DB: Ende 2021) erst Ende 2024 fertig werden dürfte. Unklar ist, ab wann die oberirdischen Gleisflächen dann geräumt und bebaut werden könnten. Früher war in der Diskussion, dass die Gleise sicherheitshalber noch ein Jahr nach Fertigstellung von Tiefbahnhof und Tunneln liegen bleiben. Dann könnten sie wohl frühstens Anfang 2026 verschwinden.

Pätzold rechnet aber eher damit, dass die Bahn im Fall der Fertigstellung Ende 2024 die Gleise schon rasch beseitigen will und dass die Stadt spätestens gegen Ende des Jahres 2025 mit Neubauten wie für das Kulturquartier am Bahnhof beginnen könnte. Doch das komplette S-21-Areal, gerade jenes für den Wohnungsbau, ist groß und für die IBA nicht komplett zu verwerten. Mit dem Gutachten für die Bahn ist der Wohnungsbau auf den Teilflächen A2, B und C2 weiter in die Ferne gerückt, wenngleich die Verwaltung längst mit einem Bauende nicht vor Dezember 2023 gerechnet hatte. Die Vorbereitungen, zunächst für einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Gesamtareal, führe man aber ohne Terminänderung weiter, sagte Pätzold. Ziel: Entscheidung bis Ende 2018.

Zweifel an der Zahl der Wohnungen

7500 Wohnungen auf dem kompletten S-21-Areal, davon 1500 auf dem C-1-Gelände – das steht auch in der Zeitstufenliste Wohnen, in der die Verwaltung die Flächenpotenziale für den Wohnungsbau im nächsten Jahrzehnt auflistet. Seit der Vorlage der Liste sind allerdings Zweifel aufgekommen, ob diese Zahlen tatsächlich noch zu realisieren sind: Möglicherweise seien auch nur noch 6500 möglich, davon etwa 1000 auf C 1, heißt es in der Verwaltung. Inzwischen weiß man, dass beim Kulturzentrum Wagenhallen eine Pufferbebauung nötig wird, die künftige Anwohner vor Lärm schützt. Vielleicht, sagt Detlef Kron, Leiter des Stadtplanungsamts, müsse man das auf der Teilfläche B durch mehr Wohnungen kompensieren. „Die Wohnungen auf C 1 können auch nicht auf einen Schlag gebaut werden“, sagt er. Die Bahn brauche bis mindestens 2023 ihre Logistikflächen im Nordbahnhofviertel. Dann habe die Stadt solchen Bedarf, um Erdmaterial und Geräte für die Veränderung der Höhenverhältnisse im Gebiet B unterzubringen. Daher könne man nicht gleich auf alle C-1-Flächen zurückgreifen, auch nicht schnell auf das C-2-Gelände.

Die Zahl der Wohnungen, gibt Bürgermeister Pätzold zu bedenken, hängt auch noch vom städtebaulichen Wettbewerb und anschließenden Architektenwettbewerben ab. Schließlich wird nicht zuletzt die Baudichte entscheidend sein: die Etagenzahlen und Gebäudeabstände.

Dass den Fraktionen der Wohnungsbau wichtig ist, unterstrichen sie am Donnerstag im Gemeinderat. „Die Verzögerung ist mehr als ärgerlich“, meinte die SPD, der darüberhinaus wie dem OB das längere Warten auf Verbesserungen des öffentlichen Schienenverkehrs missfällt. Die Debatte über die neue Entwicklung und die Folgen für die Stadt will Kuhn Anfang 2018 im S-21-Ausschuss des Gemeinderats öffentlich führen – mit Bahnvertretern und ihren Gutachtern. Die Fraktionen hießen das gut. Die CDU dringt bereits jetzt auf Lieferung des vereinbarten und von der Stadt mitbezahlten Pakets – auch am Flughafen. Die Freien Wähler wollen auch nur bezahlen, was vereinbart und geliefert ist. SÖS/Linke-plus allerdings glauben, dass „dieses Projekt niemals fertig wird“. Sie fordern den Umstieg.