Die Saison ist eröffnet: In der städtischen Brennerei in der Strümpfelbacher Straße herrscht Betrieb. Gartenbesitzer liefern ihr vergorenes Obst in Fässern an. Die Maische wird im Kupferkessel zu Schnaps destilliert.

Untertürkheim - Es ist warm, etwas stickig, aber es riecht aromatisch gut in dem gekachelten Raum in der Strümpfelbacher Straße 38. Die Schnapssaison hat in der städtischen Brennerei begonnen. Vor dem Backsteingebäude sind die Stellflächen reserviert, damit die Gartenbesitzer ihre Maischefässer anliefern und in einen separaten Raum stellen können. Robert Munk hat bereits um 7 Uhr alles vorbereitet, die Gasheizung aufgedreht. Seit 1968 betreut er die städtische Destillation – ist für viele Gartenbesitzer eine Institution. „Ich habe bereits meinem Opa hierher begleitet und ihm zugeschaut“, sagt ein Hedelfinger Stücklesbesitzer, der seine Fässer voller Quitten-Maische abgeliefert hat. Robert Munk schmunzelt. „Ich habe das Handwerk und das Wissen um die Schnapsbrennerei von und bei meinem Vater gelernt. Er hat seit 1935 die städtische Brennerei geleitet“, sagt der städtische Brennmeister. Bis vor Kurzem führte Robert Munk mit seiner Frau in unmittelbarer Nachbarschaft zur Brennerei noch ein Geschäft für Gartenbedarf. Im Ruhestand konzentriert er sich auf seine Weinberge und die Brennerei. Mitte November hat die Brennsaison in der Strümpfelbacher Straße begonnnen.

 

Geruch aus der Tonne

In dieser Woche ist der Terminkalender voll. Die Obstbäume hingen voller Früchte. Viele Streuobstbesitzer haben die Früchte in Plastiktonnen gesammelt und sie vergären lassen. Nun wollen sie den Lohn ihrer Arbeit veredeln. Der Deckel der Plastiktonnen wird gelüftet. Der Geruch lässt kurz den Atem stocken. Munk steckt einen Schlauch in die blauen Tonnen. Mit saugenden und schlürfenden Geräusche wird die braune Maischebrühe in den Schlund des Kupferkessels gepumpt. Ein Fass nach dem anderen wird entleert. Der Kessel wurde 1963 gebaut, immer wieder modernisiert. Er fasst 417 Liter. „Ein Kessel mit solch großem Volumen wird heute kaum mehr produziert“, sagt Munk. Wie das Einstiegsloch bei einem U-Boot schraubt er die Kesselöffnung zu und „wirft den Ofen an“. Der Kessel mit der braunen Fruchtbrühe wird mit Dampf erhitzt. Die Anlage zur Wasserdampferzeugung wird mit Gas befeuert.

Vorlauf als Medizin

Für die Gartenbesitzer beginnt jetzt die Zeit des Wartens. Sie können es hören und spüren: „Ihre“ Maische köchelt, blubbert und brodelt in dem kupfernen Bauch. Die Thermometeranzeige im Kessel steigt nur langsam: 50 – 60 – 70 Grad Celsius. „Es ist immer wieder spannend“, sagt Hans-Martin Riesch aus Fellbach. Als Hobby bewirtschaftet er einen Weinberg. Aus dem Trester seiner Trauben will er sich einen Schnaps brennen. Nach 25 Minuten richten sich seine Blicke auf den silbernen Hahn: Die ersten Tropfen Alkohol fallen in die Alukanne. Hochprozentiger Vorlauf. Normalerweise wird er verworfen, weil es ihm noch an Aroma fehlt. Riesch füllt sich jedoch einen halben Liter ab. „Zum Einreiben ist es die beste Medizin“, sagt er. Mittlerweile rinnt der Alkohol in einem dünnen Strahl in die Alukanne. Die Alkoholspindel pendelt sich zwischen 85 und 75 Prozent ein, sinkt nur langsam. Wenn der Eichstrich allerdings unter 30 fällt, stoppt Munk den Brennvorgang meistens.

Weniger Prozent

Mit demineralisiertem Wasser verdünnt er den frischen Brand. „Wie stark der Schnaps sein soll, das bestimmt der Kunde“. Früher wollten Schnapserzeuger mindestens einen 50-Prozentigen, heute würden Schnäpse mit 42 bis 44 Prozent gewünscht. Gebrannt werden kann in der Brennerei fast alles. „Es muss Obst aus dem eigenen Garten sein, das vergoren ist“, so Munk. Aus den 230 Litern Trester erzielt Riesch rund 20 Liter schwäbischen Tresterschnaps. Für den Liter Schnaps müssen die Gartenbesitzer mit Kosten in Höhe zwischen fünf und sechs Euro rechnen. Die Steuern des Staats sind darin enthalten. „Dafür bekommst du dein eigenes Erzeugnis und weißt, was in der Flasche ist. Hundertprozent Bio und 44 Prozent Alkohol“, sagt ein Kunde lachend.