Mit dem Frühling beginnt auch wieder die Laufsaison. Heute ist das Laufen eine Massenbewegung, ein Lebensgefühl. Es gibt nur ein paar Dinge zu beachten, sagt der Lauftrainer Daniel Holzinger. Das sind seine Ratschläge.

Stuttgart - Gemeinsam läuft es sich besser, meint der Sportwissenschaftler Daniel Holzinger. Und ganz wichtig ist es auch, immer dranzubleiben. Aber vor allem sollten Läuferinnen und Läufer stets sehr genau auf ihren Körper hören. Daniel Holzinger (43), ehemaliger Spitzenläufer über 800 Meter, ist Sportwissenschaftler und promovierter Humanbiologe.
Er betreut Hobbyläufer und Topathleten – aber auch die Fantastischen Vier. Seine sechs goldenen Regeln:

 

1. Mitstreiter suchen

„Wenn sich jemand vorgenommen hat, ein bisschen fitter zu werden, ist er schon fast auf der Gewinnerseite. Ihm würde ich empfehlen, sich Gleichgesinnte zu suchen oder sich einer kleinen Laufgruppe anzuschließen. Das verknüpft das Soziale mit der Bewegung – und setzt einen gleichzeitig ein bisschen unter Druck. Das ist der einfachste und beste Weg anzufangen.“

2. Dranbleiben

„Die Erfahrung zeigt: Wenn ein Laufanfänger das erste Tal der Tränen – also Muskelkater oder leichte Gelenkschmerzen – durchschritten und die ersten vier, fünf Läufe absolviert hat, stellt er fest, dass er sich plötzlich schon tagsüber auf den nächsten Lauf am Abend freut. Das ist die erste kleine Belohnung, die er bekommt, wenn er erst einmal begonnen hat. Bald wird er spüren: Laufen ist wie Medizin, es ist ein Jungbrunnen für unseren Körper.“

3. Auf Körpersignale hören

Der größte Fehler, den man machen kann, ist, sich gar nicht zu bewegen. Die meisten anderen Fehler sind recht einfach zu korrigieren: Wenn einem etwas wehtut, legt man ein Päuschen ein, dann regeneriert sich der Körper wieder. Also kein übertriebener Ehrgeiz. Wenn man auf Symptome keine Rücksicht nimmt und einfach immer weiter rennt, können durchaus chronische Probleme folgen.“

4. Langsam laufen

„Am besten läuft man erst einmal so, dass man das Gefühl hat, es sei viel zu langsam. Es ist unabdingbar, dass der Bewegungsapparat, die Organe, die Muskeln, der Stoffwechsel Zeit bekommen, sich an die Belastung zu gewöhnen. Wenn man nach zwei, drei Monaten Grundlagentraining das Tempo etwas verschärft, tut man sich auch nicht gleich weh. Außerdem gibt es ein paradoxes Phänomen: man muss sehr viele langsame Dauerläufe machen, um schneller zu werden. 80 bis 90 Prozent des Trainings sollten daher im Grundlagenbereich stattfinden und nur die restlichen 10 bis 20 Prozent im anstrengenden Bereich. Bei vielen Läufern habe ich das Gefühl, dass es genau umgekehrt ist, weil sie glauben, dass langsames Laufen nichts bringt.“

5. Auf den Atem achten

„Der Atem ist der wichtigste Indikator für unseren Fitnesszustand. An ihm lässt sich ablesen, wie gut wir in Form sind. Es gibt zwei auffällige Atemschwellen, die mit Hilfe der Spiroergometrie exakt ermittelt werden können: Bei der ersten wird es für den Läufer erstmals anstrengend, er kommt vom aeroben in den anaeroben Bereich; bei der zweiten beginnt er zu hyperventilieren. Entsprechend lässt sich das Training steuern. Für die Leistungsdiagnostik ist die Spiroergometrie der Goldstandard.“

6. Nicht nur ans Abnehmen denken

„Die meisten Menschen benutzen das Laufen als ein Werkzeug, um abzunehmen. Das ist der falsche Ansatz, es würde viel zu lange dauern. Um zwei Kilo abzuspecken, muss man etwa 100 Stunden laufen. Ärzte sprechen daher kaum mehr die Empfehlung aus, Sport zu treiben, um abzunehmen. Viel wichtiger ist es, die rechte und die linke Hand unter Kontrolle zu halten. Ich bin ein Freund von kontrolliertem Wahnsinn: Nur Junkfood zu essen halte ich ebenso für unkontrollierten Wahnsinn wie sich allein von Gemüse zu ernähren. Ich esse auch gerne mal eine Currywurst oder trinke einen Caipirinha – aber eben nicht jeden Tag. Die echten Läufer wissen ohnehin, dass man läuft, um zu laufen – und nehmen dabei ganz automatisch ab.“