Derzeit ist es nicht einfach, den Pollen zu entkommen. Es gibt viele rezeptfreie Medikamente gegen den Juckreiz in Augen und triefende Nasen. Nicht jedes ist gleich gut.

Tübingen/Stuttgart - Das Unheil lässt sich nicht vermeiden: Ein tiefer Atemzug genügt. Schon haben sich die Pollen in den Körper geschlichen, reizen Schleimhäute, lassen Augen tränen und Nasen tropfen und so manchen gar nach Luft ringen. Bis zu einer Milliarde Pollenkörnchen setzen Pflanzen frei, um das Fortbestehen der eigenen Art zu sichern. Für sensible Nasen kommt dies einem Angriff gleich: Bereits sechs Roggenpollen pro Kubikmeter Luft reichen für eine allergische Reaktion aus.

 

Also gilt es für 16 Prozent aller Bundesbürger, sich zu wappnen – doch womit? Rezeptfreie Medikamente gegen den Juckreiz in Augen und triefende Nasen gibt es mehr als genug. Und nicht jedes ist gleich gut zu empfehlen, warnen Experten. Das scheint aber dem Großteil der Betroffenen egal zu sein: Umfragen zufolge lassen sich nur 35 Prozent der Allergiker von einem Arzt behandeln, der Rest setzt auf Selbstmedikation und Hausmittel. Doch wer seine Beschwerden nicht ärztlich abklären lässt – also mithilfe von Tests überprüft wird, ob und gegen welche Pollen er allergisch reagiert – und entsprechend dagegen vorgeht, riskiert eine Asthmaerkrankung, warnt der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA).

In schlimmen Fällen sollte man einen Arzt aufsuchen

Daher rät auch Amir Yazdi, Allergologe und Oberarzt an der Uni-Hautklinik in Tübingen, Heuschnupfen-Geplagten zum Arztbesuch, „wenn die Symptome belastend sind und die Lebensqualität beeinträchtigen“. Dazu zählt, wenn etwa Sport oder Spazierengehen kaum möglich ist. Oder die Betroffenen nachts nicht zum Schlafen kommen und tagsüber abgeschlagen sind.

Grundsätzlich erfolgt die Behandlung von Heuschnupfen in zwei Ansätzen: Immuntherapien bringen langfristige Beschwerdefreiheit, werden aber nur als letzte Stufe angewandt, wenn Medikamente nicht mehr ausreichen. Erst versuchen es die Ärzte mit Antiallergiemitteln. Sie lindern akute Symptome. Letztere sind bis auf die neuen Antihistaminika auch rezeptfrei erhältlich, sagt Juliane Rieker-Schwienbacher, Leiterin der Allergieabteilung am Klinikum Stuttgart. „Bei akuten Beschwerden wie Fließschnupfen, Niesen, Juckreiz in Nase und Augen, Rötungen und Schwellungen der Schleimhäute helfen etwa Antihistaminika in Tablettenform.“ Diese bremsen das Immunsystem aus, in dem sie Andockstellen des Botenstoffs im Gewebe blockieren. Auch Nasensprays und Augentropfen können innerhalb von Minuten Linderung bringen.

Viele frei verkäufliche Mittel sind laut Stiftung Warentest geeignet

Die Stiftung Warentest hat sich die frei verkäuflichen Mittel angeschaut und viele als geeignet bezeichnet – „und zwar solche, deren Wirksamkeit durch aussagekräftige Studien belegt ist und deren Nutzen die Risiken übersteigt“, heißt es in der Märzausgabe der Zeitschrift „Test“. Das ist bei Mitteln mit den Antihistaminika Azelastin, Levocabastin und Ketotifen der Fall – und zwar solche ohne Konservierungsstoffe, da diese auf Dauer die Schleimhäute schädigen.

Reichen Spray und Tropfen nicht aus, können nach Angaben der Stiftung Warentest noch Tabletten eingenommen werden, etwa Antihistaminika mit den Wirkstoffen Cetirizin und Loratadin. Auch der Tübinger Allergologe Yazdi empfiehlt diese: „In Studien wurde gezeigt, dass ein besserer Effekt eintritt, wenn die Mittel während der Saison dauerhaft eingenommen werden.“

Nasensprays mit einem geringen Anteil an Cortison sind ebenfalls gute Helfer – auch wenn sie von Stiftung Warentest nicht aufgeführt werden. Seit 2016 sind diese ohne Rezept erhältlich und helfen bei verstopften Nasen deutlich besser als andere Tropfen und Sprays, sagt Yazdi. „Sie sollten über mehrere Tage angewandt werden, damit sie ihre antientzündliche Wirkung entfalten können.“ Auch sind sie mit Antihistaminika gut kombinierbar.

Präparate mit Cromoglicinsäure besser meiden

Heuschnupfen-Präparate, die noch auf den Wirkstoff Cromoglicinsäure setzen und von den Warentester als „sanfteste Variante“ für Pollenallergiker bezeichnet werden, lehnen Allergologen ab: Cromoglicinsäure verhindert, dass der Körper Histamin freisetzt, was auch die Symptome mindert. „Diese Wirkung mag zwar bei ganz geringen Beschwerden ausreichend sein, wenn das Präparat regelmäßig angewendet wird“, sagt Rieker-Schwienbacher. Denn die Cromoglicinsäure hat keinen Sofort-Effekt. Im Prinzip müsste also schon mit der Einnahme vor der Pollensaison begonnen werden – und zwar mehrmals täglich. „Da die Saison aber unterschiedlich einsetzt und je nach Wetterlage nicht konstant verläuft, ist die prophylaktische Einnahme wenig praktikabel“, so die Stuttgarter Expertin. Auch Amir Yazdi verordnet Cromoglicinsäure eher Schwangeren. „Die Sicherheit ist bei diesem Medikament hoch: Cromoglicinsäure wird vom Körper nicht aufgenommen.“

Finger weg heißt es bei Antihistaminika der früheren Generation. Denn diese haben einige Nebenwirkungen – etwa die typische Müdigkeit. „Das kann im Straßenverkehr gefährlich werden“, sagt Juliane Rieker-Schwienbacher. Auch abschwellende Nasentropfen, die bei infektiösen Schnupfen angewendet werden, sind nicht sinnvoll – „allein wegen des Gewöhnungseffekts“. Ihr Tübinger Kollege warnt zudem vor Augentropfen mit dem Wirkstoff Diclofenac, die antientzündlich wirken sollen.

Vielleicht ist die Qual der Wahl bei Medikamenten auch bald nicht mehr nötig: So arbeiten Forscher an der Medizinischen Uni Wien an einer Heuschnupfenimpfung. Diese soll in zwei Jahren zugelassen werden.

Die Tipps der Stiftung Warentest gegen Heuschnupfen

Getestet

Die Stiftung Warentest hat die preiswertesten geeigneten Präparate zusammengestellt (von 2,70 Euro bis 18,45 Euro). Die vollständige Liste ist im Netz zu finden: www.test.de/heuschnupfen.

Augentropfen

Mit dem Wirkstoff Cromoglizinsäure eignen sich unter anderen Cromo Stulln UD, Dispacromil sine EDP, Cromohexal UD EDP, Cromo ratiopharm ED Allergo Comod, Pollicrom, Dispacromil, Cromo AT 1A Pharma, Crom Ophtal. Mit dem Wirkstoff Azelastin eignen sich Azala-Vision sine/MD, Allergrodil/Allergodil akut, Vividrin akut. Mit dem Wirkstoff Levocabastin hält die Stiftung Warentest Livocab/Liviocab direkt für geeignet. Mit dem Wirkstoff Ketotifin: Ketotifin Stulln UD, Allergo-Vision sine, Zaditen ophta/ophta sine.

Nasenspray

Mit dem Wirkstoff Cromoglizinsäure eignen sich Crom Ophtal, Cromohexal sanft, Cromo ratiopharm, Cromo 1A Pharma. Mit dem Wirkstoff Azelastin ist es Allergodil akut, Vividrin akut und mit dem Wirkstoff Levocabastin ist es Livocab direkt.

Kombipackungen (Auge und Nase)

Mit dem Wirkstoff Cromoglizinsäure helfen die Kombipräparate Cromohexal und Cromo ratiopharm. Mit dem Wirkstoff Azelastin ist Allergodil akut Duo hilfreich und Livocab direkt Kombi (Wirkstoff Levocabastin).

Tabletten, Tropfen, Sirup

Mit dem Wirkstoff Cetirizin eignen sich Cetirizin ADGC / Fair-Med Healthcare, AbZ, Cetidex, Cetirizin Vividrin / beta / Aristo / Stada / Cetirizin AL 1 mg/ml, Cetirizin Hexal / ratiopharm / 1A Pharma. Mit dem Wirkstoff Loratadin sind es Lora ADGC, Loratadin Stada / 1A Pharma, Loraderm, Loratidin AL / Heumann.