Der zweite baden-württembergische Start-up-Gipfel will Weltniveau erreichen – von der Gastrednerin Auma Obama bis zum Gastland Israel.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Eigentlich, so sinnierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Auftakt des zweiten baden-württembergischen Start-up-Gipfels, sei er mit seinen Grünen doch einst auch ein Gründer gewesen. „Ich kenne Ihre Erfahrungen“, sagte er zu den Teilnehmern auf dem Stuttgarter Messegelände: „Das heißt Stress mit Mitgründern, Rückschläge, das heißt trotzdem weiterzumachen bis man durch ist. Ich habe da vor jedem von Ihnen den größten persönlichen Respekt.“

 

Start-up-Förderung, so wurde deutlich, ist für den grünen Politiker einer der wichtigsten wirtschaftspolitischen Akzente, die er setzen will. Dass das auch für den Koalitionspartner CDU gilt, wurde bei der Pressekonferenz zum Event deutlich.Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) brauchte dort so lange mit der Aufzählung aller von ihr angestoßenen, neuen Landesprogramme zur Start-up-Förderung, dass der das Podium leitende stellvertretende Pressechef des Ministerpräsidenten unübersehbar auf seine Uhr blickte.

Kretschmann beklagt den Mangel internationaler Investoren

Zum zweiten Mal nach 2017 hat das Land zum zentralen Start-up-Treffen geladen. Dieses soll Baden-Württemberg auch international als Start-up-Standort mehr auf die Landkarte bringen. „Es fehlt immer noch an großen privaten Investoren aus dem Ausland“, sagte Kretschmann: „Dass sich Gründer ab einer Investmentgröße von 30 Millionen Euro ans Ausland wenden müssen, ist ein Alarmzeichen.“ Und so hat man sich bei dem veranstaltenden Wirtschaftsministerium, dessen CDU-Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut treibende Kraft hinter der Gründer-Dachmarke „Start-up BW“ ist, einige Mühe gegeben, um sich diesmal im Gegensatz zur ersten Ausgabe, nicht dem Vorwurf einer Südwest-Nabelschau auszusetzen.

Gezielt wurden Start-ups aus dem Ausland eingeladen, beispielsweise aus Partnerregionen. Mit Israel hat man ein Gastland gefunden, das für seine Start-ups verstärkt Geschäftspartner in Baden-Württemberg sucht, vor allem in der Autoindustrie. Und überall in der Halle konnte man sich Kopfhörer für die Simultanübersetzung schnappen – wegen der zahlreicher gewordenen internationalen Gäste, aber auch deshalb, weil diesmal zumindest ein Teil des Programms auf Englisch stattfand.

Start-up-Geist aus Afrika

Die prominente Gastrednerin Auma Obama, die Halbschwester des Ex-US-Präsidenten, brauchte das allerdings nicht. Sie hat in Heidelberg studiert – und weitete mit ihrem auf Deutsch gehaltenen Plädoyer für den wachsenden afrikanischen Gründer-Geist auf ihre Weise den internationalen Horizont: „Die jungen Leute bei uns haben gar keine andere Wahl, als wie ein Start-up zu denken, wenn sie eine Zukunft haben wollen. Sie entwickeln keine Apps, die irgendwelche Spiele schneller machen, sondern Apps, die etwas bewegen und die zu unserer Entwicklung beitragen.“ Die Lacher hatte sie auf ihrer Seite als sie sagte, dass das Internet in ihrem Büro in Kenia schneller sei als in Pforzheim: „Dafür fällt immer wieder der Strom aus.“

So ganz löste sich die Veranstaltung auch im zweiten Anlauf nicht vom regionalen Horizont. Nicht Themen, sondern die unterschiedlichen regionalen „Ökosysteme“ bestimmten die Präsentation. Säuberlich gegliedert nach zehn Regionen waren die Start-ups in der Halle verteilt.

Baden-Württemberg ist mit einer derartigen Veranstaltung in Deutschland bisher einmalig. Die meisten Start-up-Treffen sind privatwirtschaftlich organisiert . Dort reden oft große Sponsoren mit und Konzerne oder etablierte Firmen spielen sich zunehmend in den Vordergrund.

Augenhöhe für Gründer und regionale Balance

Beim Start-up-Gipfel, haben die Gründer die Halle für sich. Ob die Ortenau oder Karlsruhe, jeder ist auf Augenhöhe. Und ob ein Start-up Pflanzen online verkauft oder als High-Tech-Gründung die Künstliche Intelligenz vorantreibt – die Schwelle für Gründer, um sich bei der regionalen Auswahl zu qualifizieren, ist eher niedrig.

Adrian Thoma vom Bundesverband Deutsche Start-ups in Baden-Württemberg würde trotz aller angestrebten Internationalität an dieser Rolle als „Familientreffen“ der heimischen Start-ups nichts ändern: „Wir brauchen immer noch ein Schaufenster in das sich unsere Start-ups stellen können.“ Dass das Event im Vergleich zur ersten Auflage doppelt so groß geworden sei, spreche für sich.

Andere, wie Markus Besch, Mitbegründer des Stuttgarter Start-up Zentrums Wizemann, hätten sich thematische Schwerpunkte gewünscht. Start-up-Entwicklungsprogramme wie der Stuttgarter M-Tech-Accelerator rund ums Thema Mobilität seien nicht genügend sichtbar geworden: „Es ist auch bezeichnend, dass sich die meisten Start-ups immer noch auf Deutsch präsentieren“, so Besch. Ministerpräsident Kretschmann plädierte jedenfalls für Evolution statt Revolution: „Man sollte den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen“, sagte er auf die Frage, wie sich die Veranstaltung weiterentwickeln solle.