Themenschwerpunkt Holz (1): Ein ehemaliger Pädagoge produziert in Weil im Schönbuch Sportgeräte und Tische der ganz besonderen Art – und wird dafür auch zum Köhler

Weil im Schönbuch - Holz statt Plastik. Dass dies kein Holzweg ist auch und gerade bei Sportgeräten, stand für Benjamin Adamic schon während seines Sportstudiums in Oregon in den USA in den Jahren 2010 und 2011 außer Frage.

 

Dort traf er auf Plastik – in Gestalt der sogenannten Blackroll, der Massagerolle aus Plastik, die erste Selbstmassagemethode, die damals in Mode kam. Sie war sehr günstig zu erwerben, noch günstiger in der Herstellung aus geschäumtem Polypropylen, aber teilweise mit krankheitserregenden Weichmachern. „Wenn man so ein Produkt auspackt, stinkt es einfach“, sagt er. „Das hat mir schon damals buchstäblich gestunken. Das Produkt war zwar klasse, aber die Oberfläche aus Plastik missfiel mir“, sagt der Jungunternehmer.

Holzprodukte als zweites Standbein

Von der Idee des Sport-, Religions- und Deutschpädagogen bis zur Gründung seiner eigenen Marke Holz-Fit verging dann noch einige Zeit. Mit der Geburt der Tochter im Jahr 2014, dem ersten von drei Kindern, schließlich startete der Schwabe noch im gleichen Jahr sein zweites Standbein neben dem Lehrberuf, sozusagen als Teilselbstständiger im Nebengewerbe.

„Wenn, dann richtig“, sagte er sich, seit er damit liebäugelte, etwas Eigenständiges auf die Beine zu stellen. Weg mit Wegwerfware. Seine Anfertigungen sollten Freunde fürs Leben werden, weil sie nicht kaputt zu bekommen sind.

Waldbesitzer in Slowenien

Das Material Holz lag da auf der Hand. „Holz spielt in meiner Familie schon immer eine große Rolle. Ich muss dem noch genauer nachgehen, aber ich bin sicher mindestens in der vierten Generation mit Holz tätig. Den Wald meines Vaters in Slowenien habe ich schon übernommen“, erklärt Adamic seine Leidenschaft für das Material.

Seine Eltern kommen aus Slowenien, wo 52 Prozent der Fläche mit Wald bedeckt sind, noch mehr als in Bayern und Baden-Württemberg. Auch daran, wie sein Großvater mütterlicherseits nach Deutschland kam, ist eine Geschichte geknüpft, die mit Holz zu tun hat: „Er war Tischlermeister und kam nach Deutschland, weil er abgeworben wurde, um die damaligen Testmodelle aus Holz für Mercedes-Benz zu schnitzen.“ Die Familie zog nach und auch die Mutter von Benjamin Adamic begann „beim Daimler“, als technische Zeichnern. Daher stammt seine Neigung zum Design. „Die Vorteile von Holz sind mannigfaltig,“ sagt er. Die erste Massagerolle aus Buche stieß sofort auf ein positives Echo. Als die Familie nach Weil im Schönbuch zog, legte er in der Werkstatt direkt neben der Wohnung los. Ideale Verhältnisse, nicht zuletzt weil der Vermieter selbst rund 60 Jahre lang den Beruf des Drechslers ausgeübt hatte.

Der AMG der Holzgeräte

„Mit der Gründung von Holz-Fit war mir klar: Ich will das Beste machen, was auf dem Markt erhältlich ist, also nicht den Mercedes, sondern den AMG“, sagt er selbstbewusst. Seine Marschroute: erst der Luxus mit Holz-Fit, dann mit Sporthölzern die Sportgeräte im preisgünstigeren Segment. Er ist gewissermaßen der Karl Lagerfeld des Holzes, der Haute Couture und Prêt-à-porter in seinem Sortiment bietet.

Seine Holzprodukte aus heimischen Hölzern fühlen sich durchweg äußerst angenehm an. Wenn man sie gerade nicht als Massage- oder Sportgerät verwendet, taugen sie zweckentfremdet als Handschmeichler, die man streicheln und nicht mehr aus der Hand geben will. Benjamin stimmt zu, weiß aber sehr wohl: „Die Frage ist natürlich: Was ist mit Holz anders oder besser?“ Es gibt viele Vorteile. „Holz ist von Natur aus antibakteriell und perfekt für professionellen Einsatz geeignet. Holz hat immer eine angenehme Wärme oder auch Kühle, denn es passt sich unmittelbar der Raumtemperatur an. Es ist auch der beste Isolator, wie man von Holzblockhäusern weiß, lässt sich schwer bis nicht in Brand setzen je nach Behandlung“, sagt Adamic. „Qualität kann man nicht fälschen.“ Nicht von ungefähr gebe es ein Revival des Holzes. Auch ökologisch könne der Werkstoff punkten: Man fälle Bäume und forste wieder auf, ganz nachhaltig.

Designmöbel in Handarbeit

Seit letztem Jahr sind die Adamics zu fünft – zu Lilli und Leja kam dieses Jahr noch Lotta und es wird recht eng im bisherigen Zuhause. Im neuen Haus wird die Familie dann auch bald am selbst entworfenen Tisch sitzen, plant Vater Benjamin. Bisher tischlert er sie nur für Kunden als Auftragsarbeiten. Designhölzer sind nämlich ein weiteres Standbein des Gründers. Gerade steht eine 1,80 Meter lange Tischplatte kurz vor der „Hochzeit“, wie Adamic in Anlehnung an die Vereinigung von Karosserie und Antriebseinheit beim Automobil den Zeitpunkt nennt, „wenn nach ganz viel Arbeit das Finale kommt, nämlich der Endschliff, und ich das Holzprodukt ölen kann. Dann kommt zusammen, was zusammengehört.“ Das Holz, dessen Adamic sich bedient, muss für die Tische nicht perfekt sein. Gerade auch dann, wenn er statt reinen Holzes angefärbtes Kunstharz beimischt, ein Verfahren, das er aus den USA mitgebracht hat.

„Verflixt schwierig“ sei der richtige Umgang mit dem sehr flüssigen Kunstharz, wo ständig Blasenbildung oder Risse drohen. „Du musst regelmäßig nach dem Epoxidharz schauen“, sagt er. Sein Verfahren hat er mittlerweile raus. Er gießt in kurzen Schritten an, wiederholt die Schritte mit mehrfachen Schichten. „Lieber dünner, aber dafür qualitativ besser.“ Das Modell Schönbuch mit seiner 1,80 Meter langen Tischplatte beispielsweise hat glatt 25 Kilogramm Kunstharz geschluckt.

Wie wäre es alternativ mit einer komplett schwarzen Tischplatte? Dabei wird das Holz nicht etwa schwarz angestrichen, sondern geköhlert. „Eine ähnliche Technik kommt eigentlich ursprünglich als Shou Sugi Ban aus Japan“, sagt Adamic. Er ist der Einzige in Baden-Württemberg, der diese Kunst an Tischen ausübt, neben ihm noch ein Kollege in Bayern. Geköhlertes Holz ist nicht nur witterungsbeständig. Es sieht einfach „stark“ aus. Wenn man genau hinschaut, sieht man die natürliche Holzmaserung. Das Spiel mit dem Feuer macht er im Freien.

Nur heimische Hölzer

Der 36-Jährige arbeitet ausschließlich mit heimischen Hölzern, wie er betont. „Einfach, weil es eine top Qualität ist. Wir müssen nichts aus Brasilien oder sonst wo herschippern. Heimische Buche, Eiche oder Nussbaum sind fantastisch.“ Also kein Holz aus Slowenien, auch wenn er dort den eigenen Wald gerade aufforstet und der Baumbestand dem deutschen ähnelt? „Vielleicht gibt es aus meinem Wald mal Brennholz oder eine schöne Eiche“ – so oder so werde das Material regional eingesetzt.

Bis zum letzten Detail, nämlich der Markenkennzeichnung, ist Qualität eisernes Prinzip. Wie beim Steiff-Tier der Knopf im Ohr, so erhält jedes Holz-Fit-Gerät mit dem Knopf im Holz, designt von einer regionalen Designerin, sein Gütesiegel. „Allein ein Einschlagknopf aus hochwertigem Edelstahl mit gelasertem Emblem kostet 2,90 Euro“, sagt er. Dafür produzieren andere aus Plastik das gesamte Gerät. Auch die Sporthölzer haben ihr eigenes Logo. Wo gehobelt wird, fallen Späne – doch Abfall gibt es nicht. Er wird weiterverwertet, und sei es als Mulch für den Garten.

„100 Prozent Handarbeit für 100 Prozent Erfolg.“ Mit diesem Spruch wirbt der Holzdesigner auf seiner Website, wo er seine Produkte online vertreibt. Mit seiner Teilzeitunternehmung hat sich Benjamin Adamic unterdessen international einen Namen gemacht. Mithilfe einer Behindertenwerkstatt aus Bad Urach liefert er in alle Welt, bis nach Australien und Neuseeland.