Start-ups aus dem Land machen sich auf den Weg zum Zukunftskongress South by Southwest (SXSW) in Texas. Ein Pionier erzählt, wie er weltweit durchstarten will. Wie stehen seine Chancen?

Stuttgart - Eigentlich sind Achim Hoth und seine beiden Mitstreiter mit ihrem Latein schon am Ende gewesen. Ihre Idee war mausetot, die Träume vom großen Durchbruch waren begraben. Die drei jungen Gründer mussten im Sommer 2017 einsehen, dass sie mit ihrer Idee, ein intelligentes Warndreieck zu entwickeln, kein Geschäftsmodell entwickeln können. „Wir haben uns auf ein letztes Bier zusammengesetzt“, erinnert sich Achim Hoth. Doch im Biergarten kam den drei verhinderten Gründern plötzlich eine ganz andere Idee: Wie wäre es eigentlich, eine App zu entwickeln, mit deren Hilfe Städte den Zustand ihrer Straßen fortlaufend kontrollieren und erkennen können, wo sich die schlimmsten Schlaglöcher befinden?

 

Rund anderthalb Jahre nach dem vermeintlichen Tiefpunkt hat Achim Hoth den vierzehnten Mitarbeiter für sein neues Unternehmen Vialytics eingestellt. 20 Kommunen zählen zu seinen Kunden, und Hoth sitzt auf gepackten Koffern: Er fliegt gemeinsam mit neun weiteren Start-ups aus Baden-Württemberg zum Kongress South by Southwest, auf dem die heißesten Geschäftsmodelle der Zukunft verhandelt werden. Das texanische Austin wird anderthalb Wochen lang zum Epizentrum für neue Ideen: Hier treffen Start-ups auf Daimler-Manager, Talente verhandeln mit Kapitalgebern. Achim Hoth hat sich auf den amerikanischen Traum eingestellt, der keine Bescheidenheit duldet und ehrgeizige Ziele selbstverständlich nimmt: „Amerika ist für uns ein Riesenmarkt, dort gibt es mehrere Millionen Kilometer an Straßen.“ In Austin will Hoth mit amerikanischen Kommunen über mögliche Aufträge sprechen: „Mir schlackern die Ohren – eine größere Stadt aus den USA wäre für uns ein richtig dicker Fisch.“

Junge Firmen als Botschafter für Baden-Württemberg

Mit dieser Haltung trifft er den richtigen Ton. Zumindest nach dem Geschmack von Veit Haug, der bei der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart den Trip nach Austin vorbereitet. „Wir hatten 30 Bewerbungen für die Reise, es war für uns wichtig, dass wir Start-ups auswählen, die international etwas erreichen wollen.“ So macht sich Anfang März eine bunte Truppe an Gründern auf den Weg in die USA –neben Vialytics nimmt unter anderem die Hatchery GmbH an der Reise teil. Die Firma unterstützt Unternehmen wie Daimler oder Bosch dabei, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Außer den Start-ups aus Stuttgart reisen auch Gründer aus Karlsruhe, Tübingen, Ludwigsburg oder Mannheim mit. „Alle bekommen im Vorfeld ein Briefing und ein Coaching, damit sie wissen, wie sie in Austin auftreten sollen“, sagt Veit Haug. Außerdem erhalten die Gründer das Ticket für die Konferenz und einen Reisekostenzuschuss – bezahlt aus Mitteln von Baden-Württemberg-International.

Die Konferenz South by Southwest dient vom 8. bis 17. März als gewaltiger Umschlagplatz für Geschäftsideen – bei sogenannten Pitches treten Start-ups auf offener Bühne gegeneinander an. Sie buhlen dabei um die Gunst möglicher Kunden und das Interesse von Investoren. Achim Hoth hofft, dass sein junges Unternehmen in Austin an Erfahrung gewinnt: „Wir müssen alles auf einmal lernen: Wie macht man überhaupt Geschäfte im Ausland? Wie sind unsere Konkurrenten aufgestellt?“

Aus kleinen Fischen sollen große Haie werden

Das unausgesprochene Ziel der Wirtschaftsförderung und des Landes lautet: aus kleinen Fischen sollen einmal große Haie werden, damit Baden-Württemberg im Wettrennen junger Gründer um die Geschäftsideen von Morgen nicht den Anschluss verliert. Im vergangenen Jahr war Robin Treier mit seinem Unternehmen Burning Ostrich Media ein Teil der baden-württembergischen Delegation in Texas. Dort hat er wertvolle Kontakte geknüpft: „Aktuell arbeite ich mit einer Reihe von Unternehmen, Wissenschaftlern und Tech-Experten zusammen, die ich auf der South by Southwest kennengelernt habe.“

Die Start-ups aus dem Land erhoffen sich einen Schub von der Reise nach Austin. Vialytics, an dem der Energiekonzern EnBW beteiligt ist, wird momentan heiß gehandelt. „Wir könnten hier in Deutschland als Mittelständler auftreten“, sagt Achim Hoth, „aber wir haben Ambitionen, das viel größer zu machen – unter anderem in den USA und in Asien.“ In Texas kann er einem Mann zuhören, der es binnen weniger Jahre von Null auf Hundert geschafft hat: Mike Krieger entwickelte 2010 mit einem Kompagnon die App Instagram. Zwei Jahre später verkaufte er das Unternehmen an Facebook. Für eine Milliarde Dollar.

Info: Digitalkonferenz in Texas

Die texanische Hauptstadt Austin verwandelt sich jedes Frühjahr in einen Anlaufpunkt für Zehntausende von Kreativschaffenden aus aller Welt: In diesem Jahr findet die South by Southwest vom 8. bis 17. März statt. Die Veranstaltung teilt sich in ein Film- und Musikfestival und eine Konferenz für digitale Themen wie künstliche Intelligenz, Blockchain und virtuelle Realität auf. Die deutsche Gründerszene trifft sich ebenfalls in Austin. Baden-Württemberg beteiligt sich gemeinsam mit sieben weiteren Bundesländern und Städten inhaltlich und finanziell am deutschen Auftritt in Texas. Das Ziel von Baden-Württemberg International ist es, den Start-ups aus dem Land neue Märkte und Kunden zu erschließen.