Am Samstag bestreitet der VfB Stuttgart sein erstes Pflichtspiel der neuen Saison. Tayfun Korkut hat personell die Qual der Wahl – nach vielen Wochen der Vorbereitung hat sich aber eine Startelf herauskristallisiert.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Vor dem ersten Pflichtspiel der Saison, der DFB-Pokalpartie des VfB Stuttgart beim Drittligisten Hansa Rostock an diesem Samstag (20.45 Uhr), kristallisiert sich langsam eine Startelf heraus. Klar ist bereits: Die sieben Neuzugänge haben dazu geführt, dass Trainer Tayfun Korkut sagt: „Der Konkurrenzkampf ist größer. Wir haben in der Breite mehr Möglichkeiten.“

 

Der Torhüter

Keine Frage: Auf dem Posten zwischen den Pfosten sind die Hierarchien beim VfB klar abgesteckt. Ron-Robert Zieler, der in Stuttgart auf ein tolles Premierenjahr zurückblicken darf, ist die klare Nummer eins. Die trägt der gebürtige Kölner in dieser Saison auch auf dem Rücken. Im Vorjahr war es noch die „16“, weil die „1“ bereits an Mitch Langerak vergeben war. „Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind. Aber wir benötigen auch Demut“, sagt Zieler, der vor allzu viel Euphorie warnt. Weil sich Alexander Meyer am Kreuzband verletzt hat, ist das Duell um die Nummer zwei zugunsten von Jens Grahl entschieden. Der wird von den Kollegen und vom Trainerteam auch aufgrund seiner Motivationskünste in der Teamkabine sehr geschätzt.

Die Abwehr

Jung gegen erfahren – so lauten beim VfB die Duelle auf den beiden Außenverteidiger-Positionen. Auf der linken Seite hat Emiliano Insua, 29, in seinem vierten Dienstjahr beim VfB die Nase vorne. „Ich bin topmotiviert, denn ich will mit Argentinien nächstes Jahr zur Copa América nach Brasilien fahren“, sagt Insua. Doch auch Borna Sosa, 20, der Neuzugang von Dinamo Zagreb, hat sein Potenzial in den Testspielen bereits angedeutet. Viel Talent ist also vorhanden. Ein wenig wird der Blondschopf aber noch brauchen, um sich dem Tempo in der Bundesliga anzupassen.

Rechts liegen die Duellanten enger beieinander: Hier hat sich Andreas Beck nach seinem Kreuzbandanriss schnell zu toller Form emporgearbeitet – und könnte im Vergleich zum Zehn-Millionen-Euro-Mann Pablo Maffeo knapp vorne liegen, denn das Energiebündel aus Spanien ist noch nicht ganz in Stuttgart angekommen.

In der heiß umkämpften Innenverteidigung gibt es zwei Szenarien: Bleibt Benjamin Pavard beim VfB, ist der Weltmeister im Abwehrzentrum gesetzt. Ihm zur Seite dürfte dann Holger Badstuber stehen, der im Vergleich mit dem vor allem im Test gegen Atlético Madrid wackelnden Timo Baumgartl leicht die Nase vorn hat. Der Freiburg-Neuzugang Marc-Oliver Kempf („Ich hoffe auf ein offenes Rennen um die Stammelfplätze“) offenbarte in seinen Testeinsätzen zwar keine Schwächen, ist aber in der Gunst Korkuts etwas hinten dran. Geht Pavard bis zum Ablauf der Transferperiode am 31. August zum FC Bayern, bleibt der mit dem Hamburger SV und Fortuna Düsseldorf in Verbindung gebrachte Marcin Kaminski – und Badstuber würde mit Baumgartl das Innenverteidiger-Pärchen der ersten Wahl bilden.

Die Doppel-Sechs

Mit 358 Bundesligaspielen ist der aus Dortmund geholte Gonzalo Castro inzwischen der erfahrenste Profi im Stuttgarter Kader. Es folgt der Kapitän Christian Gentner (348 Bundesligaspiele), der über Castro sagt: „Ich spiele viel lieber mit ihm als all die Jahre gegen ihn. Er bringt viel Routine, Einsatz und Übersicht mit.“

Klar ist, dass Castro auf der Doppel-Sechs gesetzt ist. Zwei Profis bieten sich derweil für den Part neben dem 31 Jahre alten „Gonzo“ an. Da ist zum einen Dennis Aogo, der in der Vorbereitung einen sehr starken Eindruck hinterließ – und der im Spielaufbau Vorteile gegenüber dem jungen Santiago Ascacibar hat. Letzterer konnte im Trainingslager im oberbayerischen Grassau aufgrund von Problemen an den Adduktoren nur laufen und nicht mit der Mannschaft mittrainieren.

Daher spricht im Moment viel für Aogo in der Startelf. Klar ist aber auch, dass man im Trainerteam um Tayfun Korkut weiß, welch entwicklungsfähigen Jungprofi man in dem blonden Argentinier hat, der sich in der Vorsaison als Stammkraft und Aggressive Leader einen Namen gemacht hat. Über kurz oder lang dürfte Ascacibar daher seinen Platz in der Startelf finden.

Das offensive Mittelfeld

Die Besetzung der weiteren Mittelfeldpositionen ist auch an das Spielsystem des VfB gebunden. Bisher ließ Korkut entweder im 4-4-2-System der Vorsaison oder im 4-2-3-1 spielen, denn auch in der Abteilung Offensive bieten sich dem 44-jährigen Trainer diverse Möglichkeiten. In der Vorsaison waren auf den Flügeln zuletzt Erik Thommy (links) und Christian Gentner (rechts) gesetzt. Der eminent ehrgeizige Thommy hinterließ in der Vorbereitung einen starken Eindruck, auch wenn der ehemalige Augsburger mit seinem Elfmeter an die Latte im Spiel gegen Atlético Madrid (1:1) den Siegtreffer vergab. Gentner verpasste zwar mit Knieproblemen Teile des Teamtrainings – doch auf den Spielführer wird Korkut weiter in der ersten Elf setzen.

Während Berkay Özcan den VfB wohl noch verlassen wird (ein Leihgeschäft mit dem 1. FC Nürnberg ist im Gespräch), bringt der Wolfsburg-Heimkehrer Daniel Didavi die kreative Note ins VfB-Spiel. „Er besitzt Qualitäten, die uns in der Vorsaison gefehlt haben“, sagt Kapitän Gentner. Also dürfte Didavi vorerst seinen Platz in der Startelf sicher haben. Wo der gebürtige Nürtinger spielt (ob hinter einer oder zwei Spitzen oder wie im Test gegen SD Eibar im linken Mittelfeld), wird von der jeweiligen Taktik seines Trainers und den Qualitäten des Gegners abhängig sein.

Bleibt im offensiven Mittelfeld neben dem jungen David Kopacz, 19, der sich unerschrocken zeigte und sein Talent aufblitzen ließ, noch Chadrac Akolo. Der Kongolese erzielte in den Testspielen vier Tore – und ist topmotiviert. „Wir haben viel Konkurrenz im Kader“, sagt Akolo: „Aber ich möchte mich beim VfB durchsetzen.“

Der Sturm

In Mario Gomez, Nicolas Gonzalez und Anastasios Donis ist der Angriff des VfB formal mit einem Trio besetzt. Dabei sind vom Positionsspiel her viele Varianten möglich: Ganz vorne ist Gomez, 33, gesetzt. „Im Strafraum verkörpert er noch immer Weltklasse“, sagt der Manager Michael Reschke über den Ex-Nationalspieler.

Nach dem Abgang von Daniel Ginczek nach Wolfsburg hat Reschke einen interessanten Ersatz gefunden, denn der junge Gonzalez, 20, war der Hingucker der Vorbereitung, der von den Fans bereits Szenenapplaus bekam. Bewegungsablauf, Ballführung und Spielwitz des Argentiniers machen Lust auf die Zukunft, während der dynamische Anastasios Donis beweisen will, dass in ihm mehr als ein Joker steckt.