IdeenwerkBW-Schwerpunkt israelische Startups im Südwesten (Schluss): Israel ist Gastland beim Startup Gipfel BW. Das ist folgerichtig: Baden-Württemberg wird für Gründer aus der „Startup-Nation“ immer interessanter.

Stuttgart - Israel als Startup Nation ist noch recht jung, quasi selbst noch im Gründermodus. Vor zehn bis 15 Jahren war der Staat mit seinen neun Millionen Menschen hauptsächlich ein Agrarland, das sich erst mit zunehmendem Technologie-Knowhow zu einem veritablen Innovationszentrum entwickelt hat. Mit einer Ausstrahlungskraft, die Silicon Valley und China nicht nachsteht.

 

Seit ein paar Jahren nimmt der intensive Austausch zwischen Israel mit seinem Technologie-Knotenpunkt Tel Aviv und Baden-Württemberg stark zu: Sei es bei der Startup Autobahn Stuttgart, im Urbanharbor in Ludwigsburg, in dem das Beratungs-Startup Co-Shift innerhalb weniger Monate zusammen mit der Handels- und Wirtschaftsabteilung des israelischen Generalkonsulats München bereits zweimal deutsche und israelische Gründer zum Pitchen und Netzwerken einlud – überall israelische Startups in Südwesten sind inzwischen omnipräsent.

Einen aktuellen Höhepunkt setzt der ‚Startup BW Summit‘ des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums. Der Gipfel, der im Jahr 2017 zum ersten Mal noch unter dem Titel ‚Startup Messe‘ auf dem Stuttgarter Messegelände stattfand, war diesmal sehr international und hatte mit Israel erstmals ein Partnerland. Immerhin 20 der dort vertretenen 75 ausländischen Startups wurden aus Israel eingeladen.

Aktives Israelisches Wirtschaftsministerium

Wiebke Fischer, leitende israelische Handelsbeauftragte im Generalkonsulat, kennt sich aus mit deutsch-israelischen Kooperationen. Seit sieben Jahren ist sie für ihren Arbeitgeber, das israelische Wirtschaftsministerium in Jerusalem, vor Ort aktiv. „Weltweit haben wir derzeit 46 ‚Economic and Trade Missions‘, Tendenz zunehmend steigend“, berichtet sie. In Deutschland gibt es diese Wirtschafts- und Handelsmissionen in Berlin und seit sieben Jahren auch in München. Jede der Wirtschafts- und Handelsmissionen ist im Wirtschaftsministerium der Außenhandelsverwaltung zugeordnet und hat einen israelischen Diplomaten an ihrer Spitze. In München ist dies Yifat Inbar.

Von der bayerischen Landeshauptstadt aus agiert Fischer für Süddeutschland und Österreich. Die Juristin initiiert und begleitet israelisch-deutsche Aktivitäten für Bayern, Baden-Württemberg. Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen und Österreich. Gerade in Baden-Württemberg ist sie sehr häufig unterwegs. „Israel ist einzigartig, denn nicht zuletzt aufgrund der geografischen Lage braucht es viel Knowhow und Innovationskraft zum eigenen Überleben und zur eigenen Gefahrenabwehr“, sagt sie.

Deutsche Organisation trifft auf israelische Improvisation

Fischer hilft mit ihrer Handelskommission, israelische Startups mit deutschen Unternehmen zusammenzuführen. Ziel ist es, israelische Innovationen branchenübergreifend in deutsche Unternehmen einfließen zu lassen. „Neben starken traditionellen Branchen Israels wie Landwirtschaft, Lebensmittel oder Mode sind natürlich verstärkt der Automobilbereich, die Cyber-Sicherheit, das Internet der Dinge, einfach alle technologischen Lösungen im Vordergrund, seit diese Entwicklung israelischer Startups vor etwa zehn bis 15 Jahren begann“, sagt sie. „Vieles aus Israel kommt aus dem Bereich Forschung und Entwicklung. Das haben wir in Deutschland natürlich auch. Aber das Knowhow bei vielen Technologien kommt aus dem israelischen Militär und wird für die zivile Welt adaptiert.“

Warum funktioniert die Zusammenarbeit so gut, gerade auch zwischen Baden-Württemberg und Israel? Um digitale Innovationen zu machen, dafür brauche es einen Haufen verrückter Ideen, sagen Fischer und die Netzwerker von Co-Shift einhellig. „Davon gibt es in Israel mehr als in Deutschland. Aber außer verrückten Ideen braucht man auch Präzision und Genauigkeit. Das wiederum gibt es in Deutschland mehr“, sagt Fischer. Sie skizziert das Miteinander so: „Deutsche Organisation trifft auf israelische Improvisation.“

Israelische Startups und deutsche Mentalität, so die Münchnerin weiter, „funktionieren, weil israelische Improvisation die Wege vom Forschungs- und Entwicklungsprozess bis hin zum ersten Prototypen und zum Einsatz im Unternehmen wesentlich kürzer gestaltet als bei uns in Deutschland.“ Dieses eher improvisierte Geschäftsgebaren im Vergleich zum traditionell deutschen, das „sehr organisiert, sehr langfristig, sehr umsichtig agiert – diese Verbindung passt sehr gut.“ Das sagt sie aus ihrer mittlerweile langjährigen Erfahrung, in der sie auch regelmäßig Reisen nach Israel für deutsche Unternehmen organisiert.

Israelische Startups im Südwesten suchen vor allem Partner

Für israelische Startups im Südwesten geht es weniger darum, eine Zweigniederlassung, Tochtergesellschaft oder ein Büro in Deutschland zu etablieren. Vielmehr wollten sie einen lokalen Repräsentanten einsetzen, der für das israelische Unternehmen am Markt agiert, mit dem Ziel, das Produkt zu verkaufen. „Israelische Start-ups wollen keinesfalls im ersten Schritt gleich aufgekauft werden“, sagt Fischer.

Vielmehr wollen sie mit den Unternehmen – ob Bosch, Daimler, Trumpf oder kleinere Firmen – gemeinsam Projekte im Rahmen von vertragsbasierten Joint Ventures oder ähnlichen Vereinbarungen eine innovative Technologie in das deutsche Unternehmen einbinden. Doch inzwischen gibt es israelische Start-ups, die noch einen Schritt weitergehen – etwa das Unternehmen Inspekto, das sich auf künstliche Intelligenz im Bereich der Qualitätskontrolle spezialisiert hat und sich sogar als deutsche Firma gegründet hat.