Tausende Menschen werden per Haftbefehl gesucht. Statistisch ist nicht klar zu erkennen, wie viele von ihnen Kapitalverbrecher sind. Das soll sich ändern, andere Schwierigkeiten bleiben.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Gegen den mutmaßlichen Haupttäter aus Freiburg gab es einen Haftbefehl – wie viele Menschen sonstauf diese Art gesucht werden ist gar nicht bekannt. Die offiziellen Statistiken sprechen von „Fahndungsnotierungen“, eine Person kann wegen mehrerer Vorwürfe zur Fahndung ausgeschrieben sein.

 

Die Bundesregierung hatte auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Sommer erklärt, dass mit Stichtag 31. März 2018 insgesamt 175 397 Fahndungsnotierungen im polizeilichen Informationssystem INPOL-Z gespeichert seien, davon 19 809 aus Baden-Württemberg. Im Jahresschnitt liegt die Zahl im Südwesten wohl höher. Nach Angaben des Landeskriminalamtes gegenüber unserer Zeitung bestanden im Jahr 2016 insgesamt 28 230 Fahndungsnotierungen mit dem Ziel einer Festnahme, im Jahr darauf waren es 30 565.

Kleinkriminelle dominieren das Bild

Nicht jeder, der per Haftbefehl gesucht wird, ist ein Schwerverbrecher. „Dazu kann es im Extremfall auch kommen, wenn jemand seine Geldstrafe nicht bezahlt“, sagt Renato Gigliotti vom Innenministerium. Wahrscheinlich sei sogar „der überwiegende Teil“ der per Haftbefehl Gesuchten eher der Kleinkriminalität zuzuordnen.

Für die Polizei ist das Aufspüren dieser Personengruppe oft ein Problem. Zwischen der Straftat und dem Ausstellen des Haftbefehls können mehrere Monate liegen, in dieser Zeit hat nicht nur bei Asylbewerbern oft ein Wohnsitzwechsel stattgefunden. Während zur Ergreifung von Kapitalverbrechern oft Zielfahnder oder Spezialdezernate zum Einsatz kommen, werden andere Fahndungen während der normalen Streifendiensttätigkeit erledigt.

Die Statistik wird überarbeitet

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl erklärte am Dienstag, dass man nun auch versuche aufzuarbeiten, wie sich die Kategorien der offenen Haftbefehle unterscheiden. Das werde im Augenblick nicht statistisch erfasst. Ein wenig differnziert die Statistik des Landeskriminalamtes allerdings durchaus: Im Jahr 2016 bestanden 9907 Fahndungsnotierungen mit dem Ziel der „Abschiebung, Ausweisung oder Zurückschiebung mit und ohne Abschiebehaftbeschluss“. Insgesamt 18 316 Fahndungen hatten einen anderen Grund. Im Jahr 2017 war die erste Gruppe, die nur Ausländer betreffen kann, auf 11 087 angewachsen, in der zweiten Gruppe wurden 19 472 Fahndungsnotierungen registriert. Zusätzlich kommen pro Jahr noch rund 40 000 Fahndungen zur Aufenthaltsermittlung und 7000 Fahndungen nach Vermissten Personen auf die Polizei zu – diese allerdings ohne Haftbefehl.