Die Klagewelle aus dem Gewerbegebiet auf dem Fasanenhof ist abgeebbt. Das Verkehrsproblem scheint gelöst. Oder ist es nur in Folge der Corona-Krise dort staufrei? Und was passiert, wenn die Büros, die nun neu gebaut werden, bezogen sind?

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Fasanenhof - Im Gewerbegebiet an der B 27 wächst ein neuer Bürokomplex in die Höhe. Die Düsseldorfer Indigo Invest Holding baut an der Schelmenwasenstraße den Campus Fasanenhof. Das Bürogebäude Süd mit sechs Etagen und etwa 10 000 Quadratmetern Fläche ist bereits seit April 2019 fertig und komplett vermietet. Zusätzlich entstand ein Parkhaus mit 236 Stellplätzen. Vor Kurzem lud das Unternehmen zum Kick-off für den zweiten Bauabschnitt ein. Geplant ist das Bürogebäude Nord mit 8000 Quadratmetern, verteilt auf sechs Etagen. Zudem werden eine Tiefgarage und zusätzliche Stellplätze im Außenbereich erstellt. „Wir investieren weit mehr als 50 Millionen Euro am Standort Fasanenhof“, sagt Diana Dabir, zuständig für die Pressearbeit bei der Indigo Invest Holding.

 

Künftig ist also mit noch mehr Autos im Gewerbegebiet Schelmenwasen zur rechnen. Und das, obwohl es schon in der Vergangenheit massive Probleme und lange Staus gab. Hauptursache dafür war der Kreisverkehr. Er ist die einzige Zu- beziehungsweise Abfahrt und damit ein Nadelöhr. Die Stadt Stuttgart bekam viele Gelbe Karten von Beschäftigen, die dort nahezu täglich im Stau standen. Die Betriebe vor Ort organisierten zusammen mit der Verwaltung Runde Tische und überlegten, wie das Problem zu lösen sei.

Gewerbetreibende übten am Umbau zunächst harsche Kritik

Warum hat die Düsseldorfer Holding dennoch in diesen Standort investiert? Die Anbindung mit dem Auto sowie mit Bus und Bahn habe sich in den vergangenen Jahren stets verbessert, und dieser Trend setzt sich weiter fort, sagt Diana Dabir und ergänzt: „Mit dem Baubeginn des zweiten Bürogebäudes ohne bestehende Vorvermietung bekräftigen wir, dass sich der Campus Fasanenhof aus unserer Sicht zu einem der gefragten Bürostandorte Stuttgarts entwickelt.“ Mit der neuen Verkehrsführung im Bereich des Kreisverkehres habe sich die Situation entspannt. „Die Mitarbeiter unserer Mieter vor Ort haben diese deutliche Verbesserung bestätigt. Sicherlich kommt es hier zu Hauptverkehrszeiten, in denen es sich auf den Ausfallstraßen und im gesamten Stadtgebiet ohnehin staut, ebenfalls zu zähfließendem Verkehr, insgesamt ist das Staurisiko jedoch verhältnismäßig gering“, sagt Diana Dabir.

Die Stadt Stuttgart hatte den Kreisverkehr im Herbst 2019 umgebaut. Seitdem kann, wer von der B 27 kommt, nicht mehr direkt in das Rondell einbiegen, sondern muss ein Stück auf dem Schelmenwasenring zurücklegen, bevor er wenden kann. Das ursprüngliche Ziel, zum Feierabend den Verkehrsabfluss aus dem Gewerbegebiet zu beschleunigen, wurde damit erreicht. Doch es klemmte an anderer Stelle. Denn mit der Umgestaltung des Kreisels ging einher, dass wer von der B 27 kommt, nicht mehr nach links zur Bäckerei Treiber beziehungsweise Schreinerei Kiess abbiegen kann. Noch viel umständlicher ist es, wenn die Kunden den Parkplatz wieder verlassen wollen. Denn bei voller Belegung war im ursprünglichen Zustand die Ausfahrt in Richtung Körschtal versperrt. Dann musste der Autofahrer entweder warten, bis diese wieder frei wurde, oder aber zurück auf die B 27 fahren. Insbesondere für die Bäckerei war diese neue Verkehrsführung offenbar mit massiven Umsatzeinbußen verbunden; sie übte harsche Kritik.

Die Bus- und Bahnverbindungen werden weiter ausgebaut

Inzwischen hat die Stadtverwaltung reagiert. „Das Tiefbauamt hat auf Anregungen der Bürger und Gewerbetreibenden geringfügige Nachbesserungen gemacht, die hauptsächlich der Verkehrssicherheit dienen. Die Bäckerei Treiber hat auf unsere Anregung hin ihre Parkstandanordnung so geändert, dass von ihrem Parkplatz in alle Richtungen ausgefahren werden kann“, sagt der städtische Pressesprecher Martin Thronberens.

Auch er bestätigt: „Wir haben in den letzten Monaten keine Beschwerden von den Arbeitnehmern aus dem Gebiet bekommen. Nach unseren Erkenntnissen und den Reaktionen vieler Mitarbeiter aus dem Gewerbegebiet hat sich der Verkehrsablauf seither verbessert.“ Dies sei auch schon vor der Corona-Krise so gewesen, während der viele Beschäftigte gezwungenermaßen aufs Homeoffice umstiegen.

Bei der aktuellen Verkehrsführung handelt es sich um einen Verkehrsversuch. Ursprünglich sollte dieser mindestens bis Ende 2020 dauern. Wegen der Pandemie wird dieser nun wohl verlängert, „um aussagekräftige Erkenntnisse unter Normalbedingungen zu erhalten“, sagt Thronberens. Auf dieser Grundlage könne dann entschieden werden, „ob eine Umgestaltung des Knotenpunkts Heigelinstraße/Schelmenwasenstraße zum teilweise zweistreifigen Kreisverkehr oder alternativ zur Ampelanlage weiterverfolgt werden soll“. Beide Varianten wären teuer und würden dauern, unter anderem, weil neues Planrecht erforderlich ist.

Martin Thronberens verweist zudem darauf, dass der Ausbau bei Bus und Bahn die Verkehrssituation künftig weiter entzerren werde. Mit der Verlängerung der U 6 zum Flughafen, der Inbetriebnahme des neuen Flughafenbahnhofs und das angepasste Metropolexpressliniennetz werde sich die ÖPNV-Lage mittelfristig signifikant verbessern. Das sieht Diana Dabir genauso. Sie ergänzt: „Andere Stadtteile, wie beispielsweise Vaihingen, werden hier zukünftig sicherlich vor größere Herausforderungen gestellt.“