Wegen des geplanten Stellenabbaus melden sich offenbar Crewmitglieder krank. Flüge fallen aus. Die Gewerkschaft kündigt Widerstand an.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Die geplante Ausgliederung der Ferienflieger von Tuifly und Air Berlin in ein neues Unternehmen mit der österreichischen Air-Berlin-Billigmarke Niki löst erhebliche Unruhe und Proteste aus. Einige Flüge beider Airlines fielen auch am Dienstag aus, weil Flugcrews sich kurzfristig krank gemeldet haben. Betroffen waren die Flughäfen Stuttgart, Hannover, Frankfurt, Berlin und Hamburg. Schon am Montag waren zahlreiche Verbindungen vor allem nach Mallorca gestrichen worden oder stark verspätet.

 

Die Gewerkschaft Verdi warnt vor einem drohenden „Ausverkauf“ bei Tuifly und vor Lohndumping. Bei Niki verdiene das Flugpersonal mehr als 20 Prozent weniger. Die österreichische Airline war einst von Formel-1-Rennfahrer Niki Lauda gegründet und später von Air Berlin übernommen worden. Lauda ist inzwischen ausgeschieden und hat die Air-Berlin- Führung scharf kritisiert. Das Management dort mache seit sechs Jahren „einen Fehler nach dem anderen“, sagte der Österreicher in einem Interview.

Die Flotte von Air Berlin, der zweitgrößten deutschen Fluglinie, soll angesichts der Verluste von mehr als einer Milliarde Euro in den letzten drei Jahren und einem fast so hohen Schuldenberg auf nur noch 75 Flieger gestutzt und in Berlin und Düsseldorf konzentriert werden.

Tui will wohl nur einen Minderheitsanteil an dem neuen Ferienflieger halten

Dazu soll die Lufthansa-Tochter Eurowings 40 Maschinen für sechs Jahre mitsamt Personal per Leasingvertrag übernehmen und dafür angeblich 1,2 Milliarden Euro zahlen. Weitere 34 Ferienflieger von Air Berlin (darunter 20 Niki-Flieger) sollen in einem neuen Unternehmen zusammengefasst werden, in das Tuifly seine 27 gelb lackierten Maschinen mit dem roten Konzern-Smiley am Heckflügel einbringen soll. Der Aufsichtsrat von Tuifly soll dem Plan Ende voriger Woche zugestimmt haben. Am 26. Oktober soll der Aufsichtsrat des Touristikkonzerns Tui den Verkauf beschließen. Dem Vernehmen nach wird Tui nur einen kleinen Minderheitsanteil von unter 25 Prozent an dem neuen Ferienflieger mit 61 Maschinen halten, dessen Name noch offen ist.

Air Berlin und Tuifly sind bereits über einen Leasingvertrag eng verbunden. Die Tui-Tochter hat 14 Flieger bis 2019 mitsamt Crews an Air Berlin vermietet, die Flugzeuge sind im rot-weißen Design der Berliner unterwegs und nicht als Tui-Maschinen erkennbar. Der Vertrag kann angeblich um weitere zehn Jahre verlängert werden. Dem Vernehmen nach kassiert Tui dafür rund 100 Millionen Euro pro Jahr, die gefährdet wären, wenn Air Berlin in die drohende Pleite rutschen würde.

Verdi kündigt Widerstand an

Verdi lehnt die Eingliederung von Tuifly in ein Holdingmodell unter Etihad-Führung ebenso ab wie Einschnitte zulasten der Beschäftigten. Das Vorgehen des Tui-Managements sei „fragwürdig, riskant und vollkommen intransparent“, kritisierte Vorstand Christine Behle. Mit den Geheimverhandlungen zum Verkauf der Tuifly ins Ausland führe der Touristikkonzern „nicht nur frühere Sparpakete und Personalabbau-Runden ad absurdum, sondern verunsichert Beschäftigte und Kunden gleichermaßen“. Die Belegschaft sei „zutiefst verunsichert“, kritisiert Behle. Im Vorfeld seien weder Betriebsräte und Personalvertretungen noch Gewerkschaften eingebunden worden. Völlig offen sei zudem die Zukunft der Verwaltung und Technik in Deutschland: „Hier verlangen wir Antworten“, fordert die Gewerkschafterin. Bei einem Lohnkostenanteil von nur etwa 16 Prozent bei Tuifly könnten von der Belegschaft keine weiteren Einschnitte verlangt werden.

Auch bei Air Berlin, wo 1200 der noch 8600 Mitarbeiter entlassen werden sollen, hat sich Verdi klar positioniert. Man werde den Umbau bei Air Berlin konstruktiv begleiten, aber „um jeden Arbeitsplatz kämpfen“, so die Gewerkschaft. Airline-Chef Stefan Pichler will ein „Klassenkampf-Szenario“ vermeiden. Man setze auf konstruktive Gespräche mit Betriebsrat und Gewerkschaften, bis Februar soll Einigung über die Kündigungen erreicht werden.