Stephan Braunfels ist zuletzt vor allem als Kläger vor Gericht in Erscheinung getreten. Dass er ausgezeichnete Bauten geschaffen hat, wie etwa in der Ulmer Altstadt, gerät zunehmend in Vergessenheit. Am 1. August wird der Architekt siebzig Jahre alt.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Zuletzt machte der Berliner Architekt Stephan Braunfels weniger durch Entwürfe und Wettbewerbsbeiträge von sich reden als vielmehr mit zugespitzten und juristischen Einlassungen zu Architektur- und Stadtdebatten. Das vom Basler Büro Herzog & de Meuron geplante Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum in Berlin diskreditierte er als „Oktoberfest-Bierzelt“ und „Scheune“; in den Wettbewerb für das neue Münchner Konzerthaus klagte er sich ein, auch gegen die Direktvergabe der Hamburger Elbphilharmonie an Herzog & de Meuron zog er vor Gericht.

 

In München, wo der gebürtige, aus einer kunstliebenden Familie stammende Überlinger – er ist der Enkel des Komponisten Walter Braunfels – 1978 sein erstes Büro gründete, strengte er mit dem Freistaat Bayern einen langwierigen, aber letztlich erfolglosen Rechtsstreit um Honorare und Planungsfehler bei der 2002 eröffneten Pinakothek der Moderne an – jenem herausragenden Museumsbau, mit dem er seinen Durchbruch feierte.

Proportionen beherrscht er perfekt

Dass er ein ausgezeichneter Architekt und Stadtplaner ist, der wie wenige im städtebaulichen Kontext denkt, Proportionen sowie sein bevorzugtes Material Sichtbeton perfekt zu handhaben weiß, was er vorbildlich bei der Pinakothek wie bei seinen Bundestags-Bauten, dem Paul-Löbe- und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, demonstrierte, gerät dabei zunehmend in Vergessenheit.

Die Stadt Ulm indes weiß seit 2006 zu schätzen, wie die von Stephan Braunfels durchdacht in die autogerecht verhunzte Altstadt gesetzten scharfkantigen, komplexen Geometrien eines Sparkassenneubaus wie eines Kaufhauses erfolgreich Stadtreparatur betreiben. Am 1. August feiert Stephan Braunfels seinen siebzigsten Geburtstag.