Ein 67-Jähriger soll für viereinhalb Jahre hinter Gitter, weil er dem Fiskus rund 1,3 Millionen Euro vorenthalten hat.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Schorndorf/Stuttgart - Der Staatsanwalt fasst sich kurz im Plädoyer. Die Tatsachen stünden ja fest, nicht nur, weil der 67-jährige Angeklagte diese vor der 11. Strafkammer des Stuttgart Landgerichts zugegeben hatte. Die 30 Fälle von Steuerhinterziehung seien darüber hinaus so gut dokumentiert, dass sie ihm auch ohne Geständnis leicht nachgewiesen worden wären, so der Ankläger. Er kam deshalb in seinem Schlussvortrag schnell zur Strafzumessung: vier Jahre und sechs Monate Haft forderte er für den Angeklagten, der sich zurzeit bemüht, den Schaden von rund 1,3 Millionen Euro so gut wie möglich auszugleichen.

 

Verzweiflung in finanzieller Schräglage

Von 2009 bis 2014 hat der Unternehmer die Umsatzsteuerjahreserklärungen sowie die Voranmeldungen gefälscht, indem er fiktive Rechnungen aus Lieferungen oder Leistungen für sein Unternehmen angegeben hatte. Auf diese Weise konnte er seine Vorsteuern so verkürzen, dass dem Fiskus ein Schaden von rund 1,3 Millionen Euro entstand. Seine Firma war zu diesem Zeitpunkt in finanzielle Schieflage geraten. Eigentlich hatte der 67-Jährige schon längst ein Insolvenzverfahren beantragen müssen, doch klammerte er sich an die Hoffnung, das Ruder noch einmal herumreißen zu können. „Da dazu nötige Einnahmen nur aus laufenden Baustellen kamen, machte ich trotzdem weiter“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort.

Sein Verteidiger betonte im Plädoyer, dass dem Sachverhalt weitaus mehr Beachtung geschenkt werden müsse, als es der Staatsanwalt behauptet hatte. Das Motiv seines Mandanten, der wegen Insolvenzvergehen bereits zwei Vorstrafen hat, liege nämlich in dessen Biografie begründet. Der Angeklagte stamme aus einer Familie von Bauunternehmern, in der es nur erfolgreiche Selbstständige gebe. „In dieser Familie gibt es Misserfolge oder Scheitern nicht.“

Ein Angestelltendasein sei für seinen Mandanten aus diesen Gründen nicht in Frage gekommen. Anfangs habe er durchaus erfolgreich gewirtschaftet, dann aber seien konjunkturbedingt Schwierigkeiten aufgetreten und schließlich sei er von einer Misere in die andere geraten. Dass er aus den Vorstrafen nicht klüger geworden sei, so der Anwalt, habe unter anderem daran gelegen, dass es keine Hauptverhandlungen gegeben habe. Der Eindruck einer Verhandlung hätte sicher abschreckendere Wirkung gehabt als zwei Strafbefehle.

Der Angeklagte steht vor den Trümmern seiner Existenz

Der Anwalt plädierte schließlich, eine Strafe auszusprechen, die möglichst nicht über einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung liegen sollte. Sein Mandant setze alles daran, zusammen mit dem Insolvenzverwalter den Schaden auszugleichen und habe bereits rund 400 000 Euro zurückbezahlt. Unter anderem habe er dazu sein Firmengelände verkauft. Dieses habe er bereits vor Jahren zu veräußern versucht, um damit finanzielle Probleme zu überbrücken – damals vergeblich.

„Am Ende meines Arbeitslebens stehe ich vor einem Trümmerfeld“, sagte der Angeklagte abschließend. Das Urteil will die 11. Strafkammer am Montag, 14. Mai, verkünden.