Nach langem Zögern will Österreich eine Vereinbarung mit den EU-Ländern über die Lockerung seines Bankgeheimnisses nun binnen Wochen erreichen.

Wien - Nach langem Zögern will Österreich eine Vereinbarung mit den EU-Ländern über die Lockerung seines Bankgeheimnisses nun binnen Wochen erreichen. Bundeskanzler Werner Faymann sagte, er hoffe auf einen Abschluss noch vor dem EU-Gipfel am 22. Mai. „Wir wollen, dass ein Ergebnis zustande kommt für den Datenaustausch im Interesse einer Betrugsbekämpfung in Europa.“ Die Regierung hatte am Freitag einen Vorschlag vorgelegt, mit dem sie den Widerstand gegen eine Übereinkunft mit anderen EU-Ländern aufgibt. Die Behandlung von Zinseinkünften hatte einen Koalitionskrach ausgelöst. Die konservative Finanzministerin Maria Fekter lehnte eine Lockerung des Bankgeheimnisses ab.

 

In dem Vorschlag heißt es nun, dass das Bankgeheimnis für Österreicher in Kraft bleiben soll. Zugleich ist das Land aber bereit, mit anderen Ländern über eine Lockerung der Regelungen für Ausländer zu verhandeln. Wien stellt aber Bedingungen. So sollen unter anderem künftig auch Auskünfte über die Eigentümer von Unternehmen, Stiftungen und anonymen Stiftungen möglich sein, um gegen Briefkastenfirmen vorzugehen. Auch dürfe das Steuerabkommen Österreichs mit der Schweiz und Liechtenstein nicht berührt werden. Das war auch die Linie der Finanzministerin.

Für das nächste Finanzministertreffen am 14. Mai strebt die irische EU-Ratspräsidentschaft die Einigung auf sieben vorrangige Maßnahmen im Kampf gegen Steuerflucht an. Die Vorhaben sind schon lange im Gesetzgebungsverfahren, waren aber wegen der in Steuerfragen nötigen Einstimmigkeit bisher blockiert. „Sie sind fertig ausverhandelt und können direkt angenommen werden“, sagte ein Vertreter des irischen Ratsvorsitzes, „wenn der Ministerrat etwas tun will, kann er das sofort tun.“

„Starkes Signal unseres gemeinsamen Willens“

Aufgelistet sind die ersten Schritte in einem gemeinsamen Brief von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta und dem derzeitigen Ratsvorsitzenden Michael Noonan aus Irland. Eine Zustimmung, heißt es in dem Schreiben an alle europäischen Finanzministerkollegen, würde „ein starkes Signal unseres gemeinsamen Willens aussenden“. Die EU hat noch nie mehrere Steuergesetze auf einmal beschlossen.

Erstens sollen die Finanzminister der Brüsseler Kommission endlich ein Mandat erteilen, um EU-Steuerabkommen mit Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino und der Schweiz zu verhandeln. Ziel wäre möglicherweise der automatische Informationsaustausch, damit die Steuerbehörden wissen, wie viel Geld einer ihrer Bürger dort deponiert hat. Das haben Luxemburg und Österreich verhindert, weil bisher nur die Herausgabe von Informationen im Verdachtsfall angestrebt worden war und gleichzeitig gegenüber anderen EU-Ländern ein automatischer Abgleich im Raum steht. Seit Luxemburg kürzlich angekündigt hat, einem automatisierten Austausch nicht mehr länger im Weg stehen zu wollen, ist damit auch der zweite Punkt in greifbare Nähe gerückt: eine Ausweitung der EU-Zinssteuerrichtlinie auf weitere Arten von Einkünften.

Auch nach der Verabschiedung wäre das US-amerikanische Regelwerk FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) noch immer weiter gehender. Die Iren streben daher drittens an, die „Lücke“ zur EU-Gesetzgebung genau zu analysieren und die Brüsseler Kommission zu einem entsprechenden Gesetzentwurf aufzufordern. Dies hatten auch schon die sechs größten Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen vor zwei Wochen in Dublin gefordert. Für machbar hält die irische Regierung viertens auch eine Einigung auf ein Gesetz, mit dem der milliardenschwere Umsatzsteuerbetrug bekämpft werden soll. Deutschland ist hier allerdings eines von sieben Ländern, das noch Bedenken hat.

Der Sieben-Punkte-Plan soll Ende Juni verabschiedet werden

Fünftens sollen sich die Minister Mitte Mai zu einem Aktionsplan der Kommission bekennen, der eine Fülle zusätzlicher Maßnahmen enthält. Dazu gehören etwa eine europäische Steuernummer oder ein Expertengremium, dass die schwarzen Listen der Steueroasen auf europäischer Ebene angleicht. Sechstens kann das Programm „Fiscalis 2020“ für mehr Informationsaustausch zwischen den Behörden sofort umgesetzt werden. Und siebtens soll eine bestehende Arbeitsgruppe, die sich mit den verschiedenen Unternehmenssteuersystemen befasst, politisch gestärkt werden.

Das weitere Vorgehen jenseits des Sieben-Punkte-Plans, der laut dem Schreiben „spätestens Ende Juni“ verabschiedet sein soll, ist deshalb Sache der Staats- und Regierungschefs, die am 22. Mai zum EU-Gipfel in Brüssel zusammenkommen.