Im Februar 2017 ist Marvin Puchmeier bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sein Vater hat in Erinnerung an den 19-Jähringen eine Stiftung gegründet. Sie soll Jugendlichen eine Chance geben, die Marvin nicht hatte: etwas zu bewegen auf der Welt.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Kaltental - An die Nacht auf den 21. Februar 2017 erinnert sich Ralf Puchmeier noch genau. „In dieser Nacht hat sich mein Leben komplett verändert. Das vergisst man nicht“, sagt der 49-jährige Kaltentaler. Kurz nach Mitternacht ist sein Sohn Marvin bei einem Unfall in der Hanns-Martin-Schleyerhalle ums Leben gekommen. Er hatte beim Abbau der Bühne nach einem Konzert geholfen, als ein anderer Arbeiter abstürzte und auf den am Boden tätigen jungen Mann fiel. Marvin war erst 19 Jahre alt. „Er hatte keine Chance, sein Leben zu leben und auf der Welt etwas zu bewegen“, sagt der Vater.

 

Film- und Fernsehtechnik war Marvins Leidenschaft

Wenn Ralf Puchmeier über ihn spricht, malt er ein facettenreiches Bild seines Sohnes. „Marvin war ein Unikat. Hilfsbereit, aufgeschlossen, an allem interessiert“, sagt der 49-Jährige. „Wo immer er war, hat er einen bleibenden Eindruck hinterlassen.“ Marvins Interesse galt seit seiner Kindheit der Produktionstechnik, Licht und Ton. Marvin hatte bereits Erfahrungen gesammelt bei einer Film- und Fernsehproduktionsfirma und als Techniker im Club Cann in Bad Cannstatt. „Das Cann war sein Wohnzimmer“, sagt Ralf Puchmeier. Die Filmbranche wäre wohl sein Berufsziel gewesen. „Marvin hat schon früh Filme aufgenommen und geschnitten. Es war klar, dass er auch irgendwann in diese Richtung gehen wird. Das war seine Leidenschaft.“

Am Wochenende vor dem Konzert war Marvin mit seinem Vater noch in Frankreich gewesen. „Wir haben einen wunderschönen Tag zusammen gehabt“, erinnert sich Puchmeier. Am Abend des Konzerts hatte Marvin seinem Vater noch übers Handy geschrieben, wenige Stunden vor dem Unglück noch ein Foto aus der Schleyerhalle geschickt. Darauf lacht er zusammen mit seinem besten Freund in die Kamera. Es sind Momente, die der Vater fest in seinem Gedächtnis verankert hat. Die Tatsache, dass Marvin so jung starb, macht Ralf Puchmeier nicht nur traurig, sondern auch wütend. „Es ist einfach ungerecht. Marvins Leben war viel zu kurz. Aber er hat alles richtig gemacht. Alles, was er tat, hat ihn glücklich gemacht.“

Die Stiftung hilft benachteiligten Kindern und Jugendlichen

Am 3. August 2017 gründete Ralf Puchmeier eine Stiftung im Namen seines Sohnes. Es ist auch eine Form, das Geschehene zu verarbeiten. „Zweck ist das Gedenken und die Erinnerung an Marvin“, sagt der Vater. Er sei kurze Zeit nach der Beerdigung auf dem Friedhof gewesen und habe gesehen, wie ein anderes Grab abgeräumt wurde. Der Mensch sei somit gänzlich von der Welt verschwunden. Das wollte er nicht für seinen Sohn. Ein Bekannter brachte ihn auf die Idee mit der Stiftung. „Das ist etwas, was bleibt. Auch lange nach meinem Tod wird die Stiftung weitergeführt werden“, sagt Ralf Puchmeier. Auf diese Weise hinterlässt Marvin noch immer seine Spuren auf der Welt.

Die Stiftung ist unter dem Dach der CJD Kinder- und Jugendstiftung gegründet. Das Geld kommt Jugendlichen zugute, die in irgendeiner Weise benachteiligt sind. Sie bekommen somit die Chance, die Marvin nicht hatte; etwas zu bewegen auf der Welt. Der Leitspruch des CJD lautet „Keiner darf verloren gehen“. Das Motto soll auch die Arbeit der Marvin-Puchmeier-Stiftung leiten. Im Logo der Stiftung ist Marvins Fingerabdruck abgebildet. „Irgendwie hat er damit selbst etwas zur Stiftung beigetragen“, sagt Puchmeier. Im Beirat sitzen neben Marvins Vater auch Mitglieder aus der Medienbranche in Stuttgart sowie von der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft.

Im März findet ein Gedächtniskonzert statt

„Durch die Stiftung bleibt Marvin präsent“, sagt Ralf Puchmeier. Am morgigen Sonntag, 14. Januar, 15 Uhr, werden im Rahmen der Messe Arte-Sono im Club Cann, Kegelenstraße 21, Kunstwerke zugunsten der Stiftung versteigert. Im April findet ein Benefizkonzert im Namen der Stiftung statt. Das erste Marvin-Puchmeier-Gedächtniskonzert wurde im vergangenen Frühjahr durchgeführt. Es war ein Vater-Sohn-Projekt. „Das Konzert 2017 war bereits geplant gewesen. Nach Marvins Tod haben wir erst überlegt, es abzusagen, uns dann aber dafür entschieden, es stattfinden zu lassen. Für Marvin“, sagt Ralf Puchmeier. Die Resonanz sei riesig gewesen. Diverse Film- und Technikfirmen haben das Konzert genutzt, um ihren Lehrlingen die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen zu sammeln. „Das Konzert wurde im Internet weltweit live gestreamt“, sagt Puchmeier.

Die Veranstalter beschlossen nach dem Erfolg im vergangenen Jahr, das Konzert jedes Jahr durchzuführen. Am 29. März, 20 Uhr, spielen nun Laura Dilettante, der japanische Kulturverein Todoroki Stuttgart und drei Ensembles der freien Musikschule Engelberg im Club Cann. Alle Künstler treten ohne Gage auf. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten. „Das Geld kommt zu 100 Prozent der Stiftung zugute“, sagt Puchmeier.