Vor zwölf Jahren ist der Nazigegner und Lebensretter Alfred Leikam vom Staat Israel als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt worden. Nun soll eine Straße auf dem ehemaligen Krankenhausgelände in Waiblingen nach Leikam benannt werden.

Waiblingen - Alfred Leikam darf nicht vergessen werden“ – so hat Roland Wied (SPD) im Waiblinger Gemeinderat den Antrag seiner Fraktion begründet, eine Straße oder einen Platz nach dem Mann zu benennen, der als „ein gläubiger Christ den Nazis mit Worten widerstanden hat“ (siehe „Hohe Auszeichnung“).

 

Eigentlich sei den Sozialdemokraten bei dem Antrag ein Ort im Zentrum Waiblingens vorgeschwebt, sagte Wied am Donnerstagabend in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Kultur und Sport. Denkbar wäre zum Beispiel eine Umbenennung des Herderwegs gewesen, wo Leikam für einige Zeit wohnte.

Leikamstraße statt Heinkelstraße?

Die Stadtverwaltung wiederum hatte ursprünglich die Möglichkeit ins Spiel gebracht, eine nach dem umstrittenen Flugzeugpionier Ernst Heinkel benannte Straße in der Ortschaft Neustadt nach Alfred Leikam zu benennen. Letztlich aber sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass die Benennung einer neuen Straße die bessere Option wäre, da – so lautet die Begründung in der Sitzungsvorlage – „die Umbenennung einer bestehenden Straße für die Anwohner einen durchaus beträchtlichen Aufwand mit sich bringen würde“.

In Absprache mit dem Landkreis hat die Verwaltung deshalb nun vorgeschlagen, eine neu entstehende, von der Winnender Straße abzweigende Straße im künftigen Wohngebiet auf dem ehemaligen Krankenhausgelände nach Alfred Leikam zu benennen. Das sei im Hinblick auf den Elsbeth- und Hermann-Zeller-Platz „eine gute und würdige Ergänzung“, so der Oberbürgermeister Andreas Hesky.

Ausschuss stimmt SPD-Antrag zu

Der Ort sei auch insofern passend, als auf dem rund 3,5 Hektar großen Gelände das neue zentrale Grundbuchamt einziehen werde und Alfred Leikam von Beruf Notar gewesen sei. Der Rems-Murr-Kreis als Eigentümer der Fläche halte die Benennung für „höchst begrüßenswert“, sagte Hesky im Ausschuss. Dessen Mitglieder verabschiedeten einstimmig den SPD-Antrag, der indes noch vom Gemeinderat abgesegnet werden muss.

Christina Schwarz von der Alternativen Liste (Ali) betonte, es sei wichtig, dass das Thema Widerstand gegen das Naziregime gerade auch Jugendlichen in Erinnerung gebracht werde. Julia Goll (FDP) sagte, sie begrüße es, dass „eine neue, frische Straße gewählt“ worden sei. Eine Umbenennung der Heinkelstraße hätte sie nicht gutheißen können: „Die Verbindung gefällt mir nicht, diese zwei Dinge sollte man trennen.“ Grundsätzlich aber „können wir gerne eine Diskussion über die Heinkelstraße führen“, so die FDP-Fraktionsvorsitzende.

Hohe Auszeichnung

Kritiker
Der am 1. September 1915 in Korb geborene Notar und Politiker Alfred Leikam ging in Waiblingen zur Schule, machte eine Ausbildung zum Notar und war anschließend beim Waiblinger Notariat tätig. Einige Jahre lebte er im Herderweg. Leikam war ein Mitglied der Bekennenden Kirche und ein erklärter Gegner des Nationalsozialismus. Seine Kritik äußerte er auch öffentlich. Im Jahr 1938 wurde er verhaftet und kam in das KZ Welzheim, danach ins KZ Buchenwald, wo er dem holländischen Juden Max Nebig das Leben rettete. 1943 wurde Leikam überraschend entlassen. Später war er Vorsitzender der Waiblinger Entnazifizierungsspruchkammer, wofür er angefeindet wurde.