Die 1980er Jahre brachten Veränderungen. Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl machte brutal die Gefahren von Atomkraft deutlich. Die Aufstellung von US-Raketen in Mutlangen sorgte für Proteststürme. Der Kalte Krieg bedrohte und verunsicherte. Ein Relief stellt dieses Lebensgefühl dar. Wo ist es in Esslingen zu sehen?

P

 

Esslingen - Peter Lenk? Aber ja. Das muss Peter Lenk sein. Exakt der ironisch-augenzwinkernde Stil des provokanten Künstlers, der in Bodman-Ludwigshafen am Bodensee sein Unwesen treibt und zum Beispiel der Schöpfer der freizügigen „Imperia“ in Konstanz ist. Irrtum ausgeschlossen. Irrtum! Das Relief hat einen anderen „Vater“ – Guido Messer. Das Kunstwerk ver(un)ziert eine hohe, weiße Wand an einer Straße in Esslingen, deren Namen die Leser der Eßlinger Zeitung in dieser achten Folge des EZ-Sommer-Straßenrätsels herausfinden sollen.

Messerscharfe Satire

Der Vergleich hinkt nicht ganz. Denn Guido Messer hat ebenso messerscharf wie sein künstlerischer Seelenverwandter Peter Lenk Zeitgenössisches mit spitzen Künstlerhänden angepackt. Eine unbekleidete Schwangere als Symbol für das Auf und Ab des Lebens. Nackte unter einer radioaktiven Wolke. Menschen in Schutzanzügen. Ein Warteraum voller Senioren. Ein Baby auf einem Sarg. Ärzte und ein leerer Stuhl. Wen wird es wohl als Nächstes treffen? Der Relief gewordene Zeitgeist der 1980er Jahre. Als die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine auf brutale Weise die Grenzen atomarer Nutzung aufzeigte. Als die Aufstellung von Raketen der US-Armee in Mutlangen bei Schwäbisch Gmünd zu Protesten führte. Und als ein Flair zeitlicher Endlichkeit zu einem Gefühl von Weltuntergangsstimmung und Kalter-Endkriegs-Neurose führte.

Zwei Tonnen schwere Kunst

Mit seiner Darstellung trifft das Kunstwerk von Guido Messer zeitgeschichtlich ins Schwarze. Doch bei der Datierung der Darstellung sieht Andreas Baur, Leiter der Villa Merkel, der Galerie der Stadt Esslingen, schwarz. Auf der Hinweistafel neben dem Kunstwerk in Esslingen ist die Zeitspanne „1984/1987“ angegeben. Könnte falsch sein. „Nach Aktenlage und unserem Kenntnisstand wurde das zwei Tonnen schwere Relief im Juli 1986 am Ort installiert“, erklärt der Experte. In den zumindest wirtschaftlich aufstrebenden 1980er Jahren war die Stadt Esslingen noch nicht mit Haushaltssperren geschlagen. Immerhin 110 000 harte Deutsche Mark gab sie für das Kunstwerk aus. Allerdings konnte sich der Künstler mit diesem Betrag nicht sorglos und für immer auf die Malediven zurückziehen. Denn: „Es ist davon auszugehen, dass bei dem Materialaufwand alleine der Bronzeguss gut und gerne die Hälfte der Summe gekostet haben sollte“, informiert Andreas Baur. Doch auch ohne Rente auf den Malediven hat der Künstler bereits ein kurvenreiches Leben geführt. Denn er wurde 1941 in Buenos Aires in Argentinien geboren.

Künstlerisch und bodenständig

Die Straße, die wir mit dieser Folge des Sommerrätsels suchen, hat eine künstlerische und eine bodenständige Note. Künstlerisch – das ist das Relief von Guido Messer. Bodenständig – das sind städtische Behörden in der Nähe. Die künstlerische Note bewegt sich nach Ansicht von Experte Andreas Baur im Rahmen des vom Künstler zu Erwartenden: Guido Messer, so teilt er mit, stehe für gute Beobachtungen, Zuspitzungen und pointierte Überzeichnungen – „was nicht minder für die Esslinger Bronze reklamiert werden kann“. Ein Kunstwerk auf des Messers Schneide also. Wo mag es sich befinden?

Informationen und Kontakt

Wer sich am EZ-Straßenrätsel beteiligen will, kann die Lösung innerhalb der kommenden fünf Tage per E-Mail an lokales@ez-online.de schicken. Die Auflösung von diesem Rätselteil veröffentlichen wir in der kommenden Woche. Die Auflösung von Folge 5 des Rätsels in der Ausgabe von Donnerstag, 27. August, lautet Staffelstrßae in Atlbach.