Eine kurzweilige Zeitreise ins Rockabilly-Zeitalter haben die Stray Cats auf der Freilichtbühne Killesberg inszeniert – und Brian Setzer hat gezeigt, wieso er zu den Top-Gitarristen der Welt zählt.

Stuttgart - Die halbakustische Gretsch-Gitarre singt und faucht und fiept und twängt, wenn Brian Setzer (60) ihr Rock’n’Roll-Riffs, -Licks und -Arpeggios in immer neuen Variationen entlockt – mit einer unverschämten Leichtigkeit, die seiner Darbietung eine besondere Magie verleiht. Setzer pflegt das Erbe von Scotty Moore und Chuck Berry auf virtuose Weise, sein ideenreiches, Jazz-infiziertes Spiel hebt die wiederbelebten Stray Cats heraus. Es macht aus ihnen weit mehr als einfach nur eine Combo, die Rockabilly Anfang der 80er Jahre runderneuert und weltberühmt gemacht hat. Und es überstrahlt die überschaubaren harmonischen und inhaltlichen Variationsmöglichkeiten des Genres, die die Stray Cats auf ihrem aktuellen Jubiläums-Album „40“ weitgehend ausschöpfen. Setzer verfügt auch über eine raue Männerstimme, und die neuen Songs – „Catfight over a Dog like me“ funktionieren ebenso wie die alten Hits, „Stray Cat Strut“, „Rock this Town“ und „Runaway Boys.

 

Die drei Herren präsentieren sich bestens gelaunt bei ihrem Konzert am Dienstagabend auf der Freilichtbühne Killesberg. Slim Jim Phantom (58) bietet seine kleine Schlagzeugshow im Stehen und sorgt für den Shuffle-Unterbau im Verbund mit dem Kontrabassisten Lee Rocker (57), der die Saiten mit großen Gesten zupft und dessen blondierte Tolle an die 80er Jahre erinnert. Auch im überwiegend mitgereiften Publikum ist noch die eine oder andere Haarauftürmung zu sehen, vereinzelte Tollen bei den Herren, schön modellierte Locken und Schleifchen bei den Damen. Dazu gibt es passende Hemden und Schuhe, ein paar Petticoats und auch frei gewählte Monturen: Der Stuttgarter Sänger und Akkordeonist Stefan Hiss zum Beispiel besucht das Konzert als stilechter Großstadtcowboy.

Szenenapplaus fürs Fingerpicking

Die Stimmung ist prächtig, der triolische Groove animiert zum Mitschnippen, der Band-Schriftzug im Bühnenhintergrund leuchtet irgendwann in den Bonbonfarben der romantisierten 50er. Brian Setzer lässt seine Tolle wippen und imitiert ganz kurz Chuck Berrys berühmten „Duck Walk“. In einem atemberaubenden Fingerpicking-Solo erinnert er an die Country-Wurzeln, die im Rockabilly stecken, und bekommt dafür verdienten Szenenapplaus. Stundenlang könnte man diesem Mann zuhören, wie er seine Gitarre liebkost, und gern hätte man zur Abwechslung einen Titel aus seinem Swing-Repertoire gehört, etwa den „Dirty Boogie“ – doch nach einer Stunde zwanzig ist schon Schluss. Auch ein Rockabilly muss mal früher ins Bett.