Der Pilotenstreik wird vom hessischen Landesarbeitsgericht für rechtswidrig erklärt. Eine Pleite mit herber Nachwirkung für Cockpit – zu lange hat die Gewerkschaft an alten Privilegien festgehalten, meint StZ-Redakteur Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Noch Ende März – nach dem Germanwings-Absturz in den Alpen – schien es so, als rücke die Lufthansa-Familie wieder zusammen. Eng genug, um den langwierigsten ihrer Tarifkonflikte mit den Piloten zu lösen. Doch die neue Kultur der Sozialpartnerschaft war nur ein   schöner Schein. Neue Gesprächs- und Schlichtungsversuche erwiesen sich als nutzlos, weil das Management seinen harten Sparkurs nicht mehr aufgeben wollte.

 

Stattdessen herrscht jetzt eine brachiale Tarifkonfrontation. Dies gilt erst recht nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen, die aktuellen Streiks der Vereinigung Cockpit zu untersagen. Das Urteil markiert einen Wendepunkt in dem Konflikt. Es beraubt der Gewerkschaft vorerst ihrer einzigen Waffe. Somit könnten die Piloten den Machtkampf um die künftige Strategie des Konzerns, in dem es längst nicht mehr nur um die üppige Übergangsversorgung geht, schneller verlieren, als sie es selbst für möglich gehalten haben.

Die Gerichte in Frankfurt urteilen völlig konträr

Für Lufthansa-Chef Spohr ist dies ein unverhoffter Etappensieg, zumal seine Verzweiflung schon ziemlich groß gewesen sein muss. Kein Unternehmen zieht leichtfertig die juristische Karte in einer solchen Situation. Zu groß ist angesichts des hohen Werts, den die Arbeitsgerichte dem Streikrecht zumessen, das Risiko einer Niederlage mit erheblicher Signalwirkung. Man kennt das vom Bahnkonflikt, wo die Lokführer Ende 2014 von demselben Landesarbeitsgericht Hessen einen Freifahrtschein für Streiks erhielten und dadurch erst richtig stark gemacht wurden.

Entsprechend hat zunächst auch das Arbeitsgericht Frankfurt in erster Instanz über den Pilotenstreik geurteilt – er sei rechtens sowie verhältnismäßig. Dass das Landesarbeitsgericht in den gleichen Knackpunkten eine gegenteilige Haltung einnimmt, sagt viel über den Spielraum der Gerichte auf diesem Spielfeld aus. Praktisch wird Cockpit verboten, gegen unternehmerische Beschlüsse wie die Verlagerung des Konzerngeschäfts auf Billigflieger mit tariflichen Mitteln vorzugehen. Die Spartengewerkschaft hat sich verhoben.

Zugleich ist das Urteil ein Schlag für die Mitbestimmungskultur, die ja nur in der Industrie besonders ausgeprägt ist, aber dort zum gedeihlichen Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern führt. Die Urteilsbegründung sollten sich daher alle Gewerkschaften gut anschauen.

Schlag für die Mitbestimmungskultur

Auf juristischem Weg ist Cockpit vorerst gescheitert. Auf die Schnelle ist keine Überprüfung des Urteils möglich. Daher muss die Vereinigung ihre aggressive Strategie überdenken. Weitere Streikaufrufe könnten Schadenersatzforderungen mit ruinösen Auswirkungen zur Folge haben. Es ist ja schon jetzt nicht mehr so, dass die Piloten stur auf ihren Privilegien beharren würden. Angesichts ihrer ungünstigen Lage haben sie sich bereits im Sommer zu spürbaren Zugeständnissen mit einer langjährigen Kostenentlastung von einer halben Milliarde Euro und einer Anhebung des Ruhestandsalters bereit erklärt. Doch für einen Kompromiss auf dieser Basis war es wohl schon zu spät.

Piloten als schlichte Dienstleister

Der Lufthansa-Chef will den bisher so hohen Status der Flugzeugführer beseitigen und sie zu Dienstleistern degradieren. Dafür zieht er an vielen Fäden. Spohr stärkt nicht nur die Tochter Eurowings – auch die Pilotenausbildung wird den Standards anderer Billigfluglinien angeglichen. Durch ein allzu langes Beharren auf überkommenen Sonderrechten hat Cockpit diesen Prozess befördert. Dies mag die altgedienten Flugkapitäne nicht mehr groß belasten. Die jüngeren Mitglieder hingegen dürfen sich bei ihrer Gewerkschaft für eine völlig missratene Konfliktstrategie bedanken.

Traumberuf Pilot? Das war einmal.