Stadträte von AfD und BZS 23 beleidigen im Amtsblatt und in Sitzungen Bürgermeister Werner Wölfle und politische Gegner wie den SÖS/Linke-plus- Stadtrat Luigi Pantisano.

Stuttgart - Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) sieht sich wegen des Klinikum-Skandals seit Wochen heftigen Angriffen von Stadträten aus dem rechten Lager ausgesetzt. Eberhard Brett (AfD) sowie Heinrich Fiechtner und Bernd Klingler (ehemals AfD, jetzt BZS 23) lassen keine Gelegenheit aus, im Amtsblatt oder in Ausschusssitzungen Wölfle der Korruption zu bezichtigen und zu thematisieren, dass seine Ehefrau auch nach seinem Dienstantritt als Sozialbürgermeister Mitte 2016 die Stelle als Büroleiterin behalten hat.

 

Als Ausschussvorsitzender obliegt es Wölfle, gegen den seit kurzem die Staatsanwaltschaft ermittelt, Verbalattacken zu sanktionieren. Die Amtsblattredaktion wiederum entscheidet über den Abdruck von Meinungsbeiträgen. Deren Maßnahmen gegen rechte Hetze wurden zuletzt kritisch hinterfragt.

Fiechtner beleidigt Pantisano

Luigi Pantisano, streitlustiger SÖS-Stadtrat, wirft Wölfle vor, sich als Sitzungsleiter nicht mehr durchsetzen zu können. Vor einer Woche im Sozialausschuss seien sogar Beleidigungen gegen seine Ehefrau an ihm abgeperlt. Und er habe nicht eingegriffen, als er, Pantisano, von Fiechtner beleidigt worden sei. Der Ex-AfD-Stadtrat räumt ein, dem Widersacher vom linken Flügel unterstellt zu haben, er habe nur „Schafscheiß‘ im Hirn“, weist aber darauf hin, von Pantisano schon als „Nazi“ oder „Faschist“ beschimpft worden zu sein. Der SÖS-Vertreter sagt, er argumentiere zugespitzt, beleidige aber niemanden persönlich. Für die Veröffentlichung eines anonymen Schmähbriefs gegen Wölfle auf seiner Facebookseite habe er sich entschuldigt. Pantisano hat Strafanzeige gegen Fiechtner erstattet.

Beleidigungen unter Stadträten könnten eine Störung der Ordnung darstellen, sagt Stadtsprecher Sven Matis. Dagegen könne der Sitzungsleiter vorgehen, ihm stehe bei der Reaktion „ein erhebliches Ermessen“. Es müsse abgewägt werden zwischen schutzwürdigen Interessen einzelner Stadträte und dem Fortgang der Beratung. Eine Entscheidung sei immer mit der Gefahr verbunden, die Beteiligungsrechte eines Stadtrats einzuschränken oder als zu zögerlich zu gelten. Eingreifen müsse man auf jeden Fall, wenn die Schwelle zur Schmähkritik überschritten sei.

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Die Sitzung nahm „üblichen Verlauf“

Wölfle beobachte sehr wohl die Lage, erklärt Matis. Die jüngste Sozialaussschusssitzung habe ihren „üblichen Verlauf“ genommen. Fiechtner habe sich „im bekannten Tonfall“ geäußert, das hätte aber niemanden groß interessiert. Wölfle habe den Stadtrat aber mehrfach aufgefordert, zur Sachlichkeit zurückzukehren.

Deutlich konsequenter sei Wölfles Vorgängerin Isabel Fezer eingeschritten, erinnert sich Pantisano. Die heutige Schulbürgermeisterin sagt, sie habe Fiechtners persönliche Angriffe nie ernst genommen – offenbar nicht einmal, als er sie als „Reichsschriftführerin“ titulierte. Sie sei aber „immer streng gewesen, wenn es um Beleidigungen und Diskriminierungen von Ausschussmitgliedern“ gegangen sei, so Fezer. Sie habe Fiechtner häufig unterbrochen oder ihm das Wort entzogen.

Bretts Artikel beschäftigt Anwälte

Der AfD-Stadtrat Eberhard Brett hat mit dem Entwurf seines Amtsblatt-Artikels Ende Januar Konsequenzen provoziert. Er sei über das Ziel hinausgeschossen, stellte der von der Stadt mit der Bewertung beauftragte Rechtsanwalt Emanuel Burkhardt fest. Brett behauptete in dem Text, Wölfle sei korrupt und verwies einmal mehr auf die Tätigkeit der Gattin. Die Zusammenarbeit sei ein Skandal. Matis hat den Artikel „intensiv geprüft“ und kam zum Schluss, dass eine Publikation „in dieser Form unzulässig“ sei. Die vom Stadtrat in Marsch gesetzte Anwaltskanzlei Zuck teilte der Amtsblatt-Redaktion mit, Brett habe Anspruch auf Veröffentlichung und wies darauf hin, ein Verbot dürfe nicht erfolgen, nur „um eine unerwünschte politische Kraft auszuschalten“.

Rechtsanwalt Burkhardt hob wiederum hervor, dass die Stadt als Amtsblattverlegerin selbst auch hafte und Beiträge inhaltlich rechtmäßig sein müssten. Schon deshalb hätte Bretts Artikel nicht erscheinen dürfen. Er verletze die Persönlichkeitsrechte von Wölfle und die seiner Gattin, deren Name wegen des fehlenden Informationsinteresses ohnehin nicht genannt werden dürfe. Sowohl die Stellenbesetzung wie die Besoldungseinstufung seien mit Zustimmung des Gemeinderats und der Verwaltung erfolgt, sodass es „keinerlei Anhaltspunkte für einen Bestechungs- oder Bestechlichkeitsvorwurf“ gebe. Dem Bürgermeister Korruption vorzuwerfen, sei keine pointierte Meinungsäußerung, sondern eine persönliche Diffamierung.