Über das Mittelmeer kommen wieder deutlich mehr Migranten nach Europa. Brüssel sucht nach einer Lösung – bisher allerdings erfolglos.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Europa streitet mal wieder über die Aufnahme Migranten. Das Problem ist so dringend, dass sich die Innenminister der EU am Freitag zu einer Sondersitzung getroffen haben. Entschärft werden sollte vor allem der Konflikt um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen, die im Mittelmeer von Hilfsorganisationen mit ihren Rettungsschiffen aufgenommen und dann in Richtung EU gebracht werden. Italien hatte zuletzt einem solchen Schiff die Einfahrt in einen Hafen verweigert, worauf dieses nach Frankreich ausweichen musste.

 

Die Fronten in der EU sind verhärtet

Die Hoffnung auf Fortschritte wurden allerdings schon vor dem nur wenige Stunden dauernden Treffen gedämpft. Zu lange sucht die EU nach einer Lösung des Problems, zu verhärtet sind inzwischen die Fronten. So wurden auch am Freitag nicht viel mehr als einige Absichtserklärungen publik.

Grundlage der Gespräche der Innenminister war ein Aktionsplan, den die EU-Kommission am vergangenen Montag vorgelegt hat. Er sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Durchreiseländern zu intensivieren und in Nordafrika ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. Von vielen Seiten wird allerdings kritisiert, dass der Plan nicht mehr als eine Zusammenstellung alter Maßnahmen und Vorschläge sei.

Fehlende Solidarität innerhalb der EU

Gesprochen wurde von den Innenministern in Brüssel natürlich auch über den sogenannten Solidaritätsmechanismus, den 21 EU-Staaten unterstützen. Der wurde im Juni ins Leben gerufen, um Länder zu entlasten, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen. Der Erfolg ist allerdings mehr als überschaubar, denn von den angekündigten 8000 Migranten wurden bis jetzt erst knapp über 100 auf andere EU-Staaten verteilt. Wegen des Streits mit Italien, das einem Rettungsschiff das Anlegen verweigerte, hat Frankreich sogar das Abkommen aufgekündigt. Paris warf Rom vor, gegen internationales Recht zu verstoßen, wonach Menschen aus Seenot gerettet werden müssen.

Italien verteidigt allerdings seine harte Haltung und verweist darauf, dass in dem Land nach Angaben des Innenministeriums in Rom seit Anfang des Jahres bereits mehr als 94 000 Migranten angekommen seien. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl damit um etwa 53 Prozent. Im selben Atemzug kritisiert die Regierung die mangelnde Solidarität anderer EU-Staaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen und fordert mehr Unterstützung. Zudem wird den Besatzungen von Rettungsschiffen vorgeworfen, mit ihrem Einsatz im Mittelmeer das Geschäft von Schleuserbanden zu fördern.

„Politik der geschlossenen Häfen“

Die angekündigte „Politik der geschlossenen Häfen“ der neuen ultrarechten Regierung in Italien ist im Moment allerdings vor allem Symbolpolitik. Drei der vier privaten Rettungsschiffe, die in den vergangenen Wochen vor der Küste kreuzten, wurden schließlich an Land gelassen. Gleichzeitig wurden mehrere Tausend illegale Migranten von den Behörden aufgenommen, die es mit anderen Booten über das Meer nach Italien geschafft hatten. Im Fall der „Ocean Viking“ provozierte Rom allerdings eine äußerst medienwirksame Krise mit Paris, die zumindest dazu führte, dass sich die EU-Innenminister in Brüssel mit dem Thema Flüchtende beschäftigt haben.