Großzügig erlaubt Innenminister Thomas Strobl vielen Städten offizielle Namenszusätze. Doch das kann ganz schön heikel sein, wie sich im Schwarzwald gerade zeigt.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Hochschulstadt, Stauferstadt, Wasserfallstadt – Zusatznamen, die aufs Ortsschild geschrieben werden dürfen, sind in Baden-Württemberg stark in Mode. Viele Bürgermeister sehen darin ein gutes Mittel fürs Stadtmarketing. Gerade hat das Landesinnenministerium wieder 19 Kommunen mit entsprechenden Genehmigungen beglückt. Doch was gut gemeint ist, kann ziemlichen Ärger verursachen – und einen wahren „Schildbürgerstreit“ auslösen.

 

In Donaueschingen sind sie auf Innenminister Thomas Strobl (CDU) jedenfalls immer noch mächtig sauer. Seit dem Jahresbeginn darf man sich offiziell „Donauquellstadt“ nennen. Das hatte der Gemeinderat so beantragt. Der Haken: Furtwangen durfte sich dasselbe Attribut aufs Ortsschild pinseln – für viele eine Ungeheuerlichkeit.

Was Drittklässler schon wissen

„Brigach und Breg bringen die Donau zuweg“, lernen Drittklässler im Sachkundeunterricht. Bei Donaueschingen fließen die Flüsse zusammen, ab dort heißt Europas zweitlängster Strom Donau, dort gibt es im Schlosspark auch eine hübsch eingefasste Quelle, die schon der spätere Kaiser Tiberius erwähnte, und deren Wasser kurz vor dem Zusammenfluss in die Brigach geleitet wird.

Dies ist der historische Beleg für den Anspruch. Die Furtwangener hingegen leiten ihre Rechte aus dem auf ihrer Gemarkung gelegenen Bregursprung ab. Es sei die am weitesten von der Mündung entfernte Quelle. So wird der Streit seit Generationen gepflegt. Eigentlich habe er den Zusatznamen „Hochschulstadt“ beantragen wollen, gibt der Furtwangener Bürgermeister Josef Herdner (CDU) zu. Doch dann habe er von den Donaueschinger Plänen gehört. „Da blieb uns ja nichts anderes übrig.“

In Tuttlingen kommt nicht mehr an

Doch können zwei Städte das gleiche Alleinstellungsmerkmal haben? Ja, fand Strobl. Donaueschingen sei aus historischer, Furtwangen aus geografisch-hydrologischer Sicht Quellstadt. Er folgte dabei auch ein wenig der Einschätzung, zu der einst das Stockacher Grobgünstige Narrengericht gekommen war. Der Streit sei ja viel zu lustig, als dass er ein für alle Mal geklärt werden sollte.

Die – aus seiner Sicht – „salomonische Lösung“ hat ihm keine Ruhe, sondern böse Briefe aus Donaueschingen eingebracht. Die Entscheidung sei rechtswidrig, wurde Strobl belehrt und ihm ein ordentliches Quell(en)studium nahegelegt.

Derweil hat es seit dem 9. Mai sowieso kein Tropfen Quellwasser mehr über Immendingen hinaus geschafft, egal ob aus Furtwangen oder dem Donaueschinger Schlosspark. Bleibt es so trocken, ist der Rekord aus dem Jahr 1934 in Sicht, als die Donau an 264 Tagen vollständig versickerte. „Das Rinnsal , das bei uns ankommt, stammt aus dem Krähenbach, der Elta und dem Klärwerk in Möhringen“, sagt der Tuttlinger Umweltbeauftragte Michael Hensch. Ein neues Ortsschild will er für die Kläranlage als wichtigste Quelle aber – noch – nicht beantragen.

Nordsee statt Schwarzes Meer

Donauversickerung
heißt ein Abschnitt am Oberlauf der Donau zwischen den Gemeinden Immendingen und Tuttlingen. Dort versinkt die Donau im Untergrund und fließt in der Tiefe durch ein Gewässersystem, das sich unter Tage wohl auf einer Fläche von 250 Quadratkilometern ausdehnt, rund zwölf Kilometer nach Südosten. Erst dort kommt das Wasser im Aachtopf und anderen Quellen wieder ans Tageslicht.

Flussverlauf
Als Radolfzeller Aach fließt das ehemalige Donauwasser von der Aach-quelle dann 32 Kilometer weit bis in den Untersee des Bodensees. Aus diesem fließt der Rhein bis zur Nordsee. Damit liefert die Donau ihr Wasser in zwei verschiedene Meere: Über die Donau fließt es ins Schwarze Meer, gelangt über die Donauversinkung aber auch in die Nordsee.