Hinter einem guten Teil der Impfskepsis steht ein fundamentales Problem: Das Verständnis, wie Wissenschaft funktioniert, und die Unterscheidung zwischen nachprüfbaren Fakten und Meinungen ist in unserer Gesellschaft erodiert.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Was treibt Menschen dazu, sich nicht impfen zu lassen? Die Thesen sind inzwischen Legion. Es gibt mentalitätsgeschichtliche Theorien, die herleiten wollte, dass die historisch kleinteilige landwirtschaftliche Struktur gerade in Bergregionen einen Eigensinn gegen Verordnungen der Obrigkeit gefördert habe, der sich etwa im Alpenraum oder im bergigen Sachsen in einer ausgeprägten Impfrenitenz niederschlage. Oder es gibt die Theorie, dass insbesondere in Süddeutschland die Anthroposophie mit ihrer Betonung natürlicher Heilkräfte den geistigen Überbau für die Impfskepsis liefere. (Anthroposophische Ärzte haben dem widersprochen.) Und natürlich spielt eine zentrale Rolle, dass sich solche Anschauungen im Zeitalter der sozialen Netzwerke in ihren Kommunikationsblasen ungestört verbreiten können. Eine Konstante ist die Skepsis gegenüber Autoritäten jeder Art – von der Wissenschaft bis hin zur Politik. Gepaart ist dies mit einem ausgeprägten Bedürfnis nach Autonomie und eigenständigem Denken.