Die Kreistage in Böblingen und Calw sagen Ja zu der Einigung beim Streit um die Hermann-Hesse-Bahn.

Böblingen/Calw - Holprig ist die bisherige Fahrt der Hermann-Hesse-Bahn auf dem Weg ihrer Realisierung. Jetzt aber haben die Kommunalpolitiker zwei weitere Prellböcke weggeräumt. Denn nach dem Renninger Gemeinderat haben nun auch die beiden Kreistage von Böblingen und Calw dem Kompromisspapier zugestimmt.

 

„Unsere Kernforderung war, dass die S-Bahn in jedem Fall Vorfahrt hat“, sagte der Böblinger Landrat Roland Bernhard. Das sei jetzt von Calw zugesichert. Denn ganz neu war die Idee einer Express-S-Bahn, die der Verband Region Stuttgart (VRS) erst in diesem Jahr vorgestellt hatte. Diese könnte schon Ende 2022 zwischen Weil der Stadt und Zuffenhausen pendeln und wäre schneller unterwegs, weil sie nicht mehr an allen Bahnhöfen hält.

Allerdings ist der Abschnitt zwischen Malmsheim und Weil der Stadt eingleisig, dort ist nur noch Platz für einen zusätzlichen Zug – entweder diese Express-S-Bahn oder die Hesse-Bahn. „Unser Kompromiss ist: Egal wann und wie die Express-S-Bahn fährt, sie hat immer Vorfahrt“, freut sich Bernhard. Das sei eine große Chance für den Kreis Böblingen, mehr Autos von der Straße zu bekommen.

In Calw freut man sich über Förderung von 90 Prozent

Umgekehrt heißt das: Morgens und abends im Berufsverkehr, wenn die Express-S-Bahn laut den Planungen fahren soll, muss die Hesse-Bahn in Weil der Stadt enden – so, wie es sich viele Politiker im Kreis Böblingen seit Jahren wünschen.

In Calw hebt man dementsprechend einen anderen Teil des Kompromisspapiers heraus. Denn in einem zweiten Schritt will man sich auf die Verlängerung der S-Bahn stürzen, und sich dafür gemeinsam beim Bund für eine Förderung von 90 Prozent der Kosten starkmachen. Das Verkehrsministerium hat außerdem zugesichert, dass das Land die Betriebskosten der S-Bahn übernimmt. Das bedeute für den Kreis Calw eine „deutliche Entlastung“, sagte Andreas Knörle, der Verkehrsdezernent des Calwer Landratsamts, dem „Schwarzwälder Boten“. Knörle gab sich dem Bericht zufolge „geradezu euphorisch“: „Das ist für uns eine gigantische Nachricht“, sagte er und wies darauf hin, dass die Förderung der Betriebskosten ohne Begrenzung und Enddatum erfolgen wird.

Der Calwer Kreistag und der Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn stimmten dem Kompromisspapier daher jeweils einstimmig zu. Nicht ganz so groß ist die Begeisterung in Böblingen. Sieben Kreisräte enthielten sich bei der Abstimmung, vor allem die FDP-Fraktion ist skeptisch. Der Fraktionschef Dieter Maurmaier stellte eine Reihe von Fragen in den Raum, die aus seiner Sicht alle noch nicht beantwortet sind: Was denn der Vorteil der Express-S-Bahn sei, die nur bis Zuffenhausen oder Feuerbach fährt? Warum man den Renninger Bahnhof für 2,5 Millionen Euro umbauen müsse? Und ob die elektrifizierte S-Bahn nach Calw überhaupt durch die Fledermaus-Tunnel passten? „Unsere Skepsis gegenüber der S-Bahn-Verlängerung dauert so lange an, bis das geklärt ist“, sagte Maurmaier.

Renningen zieht seine Klage gegen das Projekt zurück

„Jeder Kompromiss hat Gewinner und Verlierer“, fand aber der CDU-Fraktionsvorsitzende Helmut Noë. Seiner Fraktion sei es wichtig gewesen, dass Weil der Stadt nicht abgehängt wird. Auch die Grünen im Böblinger Kreistag finden den Kompromiss gut, der „allen Belangen Rechnung trägt“, wie Roland Mundle fand.

Teil der Einigung war es auch, dass Renningen seine Klage gegen das Projekt zurückzieht. Das werde man tun, sobald alle Beteiligten zugestimmt haben, sagte Renningens Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) in der Kreistagssitzung.

Und das könnte noch eine Weile dauern. Es fehlt nämlich noch die Zustimmung der Versammlung des Verbands Region Stuttgart (VRS). Anfang kommenden Jahres stehe das Thema auf der Tagesordnung, sagte eine VRS-Sprecherin auf Nachfrage. Eine bloße Formalie ist das nicht. Dem Vernehmen nach stellen sich einige Regionalräte jene Fragen, die bereits der FDP-Mann Dieter Maurmaier in der Böblinger Kreistagssitzung aufgeworfen hatte.