Die Brauerei Dinkelacker hat dem Ludwigsburger Bierbrauer Andreas Rothacker wegen Markenverletzung mit Schadensersatzforderungen gedroht. Der lenkt ein und benennt sein Bier um.

Justitia kann sich anderen Rechtsstreitigkeiten widmen. Die Auseinandersetzung zwischen der Dinkelacker GmbH und der Rossknecht Brauerei wurde beigelegt – bevor sich die Parteien vor Gericht trafen. Im Zentrum des Zwists der Bierbrauer steht eine Dame: Fräulein Cluss.

 

2014 brachte Andreas Rothacker die Hopfenlady auf den Markt. Namensgeberin war die im Gebäude des Scala-Kinos angesiedelte Kneipe Fräulein Cluss. Kurz nach der Markteinführung habe er Post von der Rechtsabteilung der Dinkelacker Brauerei bekommen, erinnert sich Rothacker. Es ging um Fräulein Cluss.

Dinkelacker hat zwei Cluss-Biere

1982 kaufte das Stuttgarter Familienunternehmen die Heilbronner Brauerei Cluss und damit die Marke. Im Sortiment hat Dinkelacker damit zwei Biere, die auf den Namen Cluss hören: Das Export, eine klassische Biersorte und ein naturtrübes Kellerpils vom Fass. Rothacker sicherte dem Mitbewerber aus der Landeshauptstadt zu, sein Fräulein Cluss ausschließlich in seiner Kneipe in Ludwigsburg auszuschenken.

Das Abkommen hielt. Doch inzwischen ist aus der Kneipe im Ludwigsburger Scala das Sounds geworden und das Fräulein Cluss kann seit Ende Juli 2021 nicht nur per Mausklick über die Homepage, sondern auch in der Brauerei in Feuerbach und sogar deutschlandweit im Getränke- und Lebensmittelhandel gekauft werden.

Vereinbarung gebrochen

Also bekam Andreas Rothacker erneut Post. Allerdings erst in gutes dreiviertel Jahr später. Die von Dinkelacker beauftragte Kanzlei klopfte dem Ludwigsburger im April auf die Finger. Er verletze die Marke Cluss, die bereits seit 1974 geschützt sei – für Bier. Daraus folgten Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz, so die Warnung des Juristen. Man gebe ihm jedoch die Möglichkeit, vor einer förmlichen Abmahnung, seine Haltung zu überdenken. Einverstanden sei man, so der Hinweis, wenn das Bier weiter im ehemaligen Fräulein Cluss ausgeschenkt würde. Aber eben nur dort.

Wer sich jetzt durch die Homepage der Brauerei Rossknecht klickt, dem springt auf der Startseite noch immer eine Flasche Fräulein Cluss in die Augen. Das rosa Etikett fällt auf, der Name auch. Wer allerdings weiter scrollt, um mehr Infos über das Craftbier zu erhalten, der macht Bekanntschaft mit Fräulein Müller. Aus Fräulein Cluss wurde zum 1. Juli Fräulein Müller. Das, erklärt Rothacker, ist eine Hommage an die letzte Besitzerin des Scala Areals.

Streit um Markeneintragung

Rothacker hat mit der Umbenennung auf die Forderung von Dinkelacker reagiert. Auch wenn er, wie er meint, vor Gericht gute Chancen gehabt hätte. Denn Dinkelacker habe die Wortmarke Cluss erst am 12. Dezember 2014 eintragen lassen. „Da gab es unser Bier schon ein halbes Jahr.“ Stefan Seipel, Leiter der Marketingabteilung bei Dinkelacker, widerspricht. 2014 habe man den Namen als Wortmarke eintragen lassen, davor sei er schon als Bild- und Wortmarke geschützt gewesen. Zur Erklärung: Eine Wortmarke besteht aus Buchstaben oder Ziffern, eine Wort-Bild-Marke ist hingegen eine grafisch gestaltete Wortmarke.

David gegen Goliath?

Beim ersten Draufschauen sehe es vielleicht so aus, als ob auf der einen Seite die kleine Hausbrauerei stehe und auf der anderen die große böse Brauerei, sagt der Verkaufsdirektor Til Odenwald. Es handele sich aber nicht um ein Ringen zwischen David und Goliath. „Es geht einzig und allein um das Brechen einer bestehenden Vereinbarung und um geltendes Recht. Wir stehen als Unternehmen für unsere Rechte ein und halten das auch nicht für verwerflich“, sagt Odenwald.

Andreas Rothacker hingegen bleibt sich treu und nutzt das außergerichtliche Einlenken für Marketingzwecke. Er danke dem Anwalt einer großen Stuttgarter Brauerei, ist auf der Rossknecht-Homepage und auf seinem persönlichen Facebook-Account zu lesen. „Anscheinend sind wir wohl mittlerweile ernst zunehmende Konkurrenz, was uns natürlich ehrt.“