Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart stellt jetzt auch die Fahrverbote für Euro-4-Diesel in Frage. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält das noch für zu früh.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Stellvertreter Thomas Strobl setzen auf das Prinzip Hoffnung. „Wir sind zuversichtlich, die Luft in Stuttgart schneller sauber zu bekommen“, teilten die beiden nach der Sitzung des grün-schwarzen Koalitionsausschusses am Dienstag mit. Damit könnten flächendeckende Fahrverbote für Euro-5-Dieselautos vermieden werden. Dass dies gelingt, ist nicht nur für die Luft und die Dieselbesitzer von großer Bedeutung, sondern auch für den Bestand der grün-schwarzen Landesregierung. Schließlich hatten der CDU-Landeschef und Innenminister Strobl wie auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart mehrfach ausgeschlossen, dass es mit ihrer Partei in Stuttgart flächendeckende Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge geben werde.

 

Reinhart legte nach dem Koalitionstreffen nach. Bei besserer Luft müsse alles auf den Prüfstand, forderte er. „Dazu zählen alle Fahrverbote“ – auch jene für Euro-4-Diesel. Ministerpräsident Kretschmann sagte auf die Frage, ob er über ein Aufhebung des Fahrverbots für Euro-4-Diesel nachdenke: „Im Moment nicht.“ Man läge noch weit über der vom Bundestag vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsgrenze von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte mit Blick auf die CDU: „Ich erinnere daran, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der grün-schwarzen Koalition für Euro-4-Diesel keine Wahl und keine Zeit gelassen hat.“ Die Rechtslage sei eindeutig. Die Grünen hatten stets darauf abgehoben, dass Recht und Gerichtsurteile einzuhalten seien.

SPD: Bei dieser Koalition raucht es aus allen Fenstern

SPD-Landeschef Andreas Stoch kommentierte das Koalitionstreffen mit den Worten: „Auch wenn der Ministerpräsident jetzt die Türen zuhält, raucht es bei dieser Koalition aus allen Fenstern.“ Wer da keine Spaltung erkenne, „muss den Kopf ganz schön in den Wolken haben“.

Die Koalition beschloss am Dienstag 40 zusätzliche Messstellen, die auch in weniger vom Verkehr belasteten Bereiche Stuttgarts platziert werden, um zu einem „realistischen Bild der Luftqualität in Stuttgart“ zu kommen. Außerdem werden am Neckartor einige Fassaden sowie der Straßenbelag mit einer fotokatalytischen Beschichtung versehen, welche die Schadstoffe aus der Luft ziehen soll. Besitzer von Euro-4-Dieselautos sollen bestimmte in der Stuttgarter Umweltzone, aber außerhalb des Talkessels gelegene Parkhäuser anfahren dürfen. Diese und weitere Beschlüsse erkennt Fraktionschef Reinhart als Erfolg der CDU. Damit habe sich das Klima in der Koalition verbessert. „Der Himmel ist etwas blauer geworden“, sagte er. „Ich habe stets betont, dass wir das Gelingen der Koalition wollen.“ Schon zu Beginn der grün-schwarzen Zusammenarbeit habe er gesagt: „Sie können auf uns zählen, sie müssen aber auch mit uns rechnen.“

TT

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