Hat das Stadttheater Konstanz mit einer umstrittenen Inszenierungsidee des „heute-show“-Comedian Serdar Somuncu dem Ansehen der Stadt geschadet? Diese Frage lässt der Kulturbürgermeister nun ernsthaft prüfen und stellt dafür sogar eine fünstellige Summe bereit.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Konstanz - Eine schlechte Presse ist besser als gar keine, heißt es gemeinhin. Wenn der Satz stimmt, dann dürfte das, was eine Hamburger Agentur in einer bisher geheim gehaltenen sogenannten Medienanalyse über die umstrittene Aufführung von George Taboris „Mein Kampf“ im April am Konstanzer Stadttheater herausgefunden hat, nicht allzu üppig ausfallen.

 

Dennoch hat der Konstanzer Kulturbürgermeister Andreas Osner (SPD) rund 13 000 Euro aus seinem Etat für das Papier abgezwackt. Man habe dem Bürgermeister dringend davon abgeraten, doch er sei allen guten Ratschlägen nicht zugänglich gewesen, verlautet aus seinem Umfeld. Und auch im Gemeinderat zweifeln viele am Sinn der Analyse. Politisch sei sie „gewiss vollkommen überflüssig“, sagt der langjährige CDU-Fraktionschef Wolfgang Müller-Fehrenbach. Doch, so erklären sich viele Osners Eifer, wenn es Möglichkeiten gebe, gegen den Theaterintendanten Christoph Nix zu Felde zu ziehen, sei er nicht zu bremsen. Beide Männer sind aufs Beste verfeindet.

Theaterskandal des Jahres

Tatsächlich hat Nix im Zusammenspiel mit dem sonst unter anderem bei der ZDF-Satiresendung „heute-show“ aktiven Comedian Serdar Somuncu dem Stadttheater den Theaterskandal der abgelaufenen Saison beschert. Genau genommen ereignete er sich allerdings gar nicht auf Deutschlands ältester noch bespielter Bühne, sondern schon davor, am Kassenhäuschen. Wer sein Ticket für Taboris Farce zu Hitlers frühen Jahren im Wiener Männerwohnheim treu und brav bezahlte, sollte einen Davidstern angeheftet bekommen. Wer sich für eine Freikarte entschied, der wurde zum Tragen einer Hakenkreuzbinde verpflichtet.

Man wolle zeigen, wie leicht die Menschen auch heute noch zu korrumpieren seien, rechtfertigte Regisseur Somuncu sein unmoralisches Angebot. Doch der Aufschrei darüber war schon im Vorfeld so groß, dass das Stadttheater zurückruderte. Bei der Premiere am 20. April – Hitlers Geburtstag! – fielen die Davidsterne und Hakenkreuze als Konfetti von der Decke und waren nicht mehr gesehen.

Sogar die New York Times berichtet

Hat das Theater mit dieser Inszenierung dem Ansehen der Stadt geschadet? Viele dürften diese Frage mit „Ja“ beantworten und dafür keine Studie, sondern nur einen Blick in den Pressespiegel benötigen: Vom Deutschlandfunk bis zur „Zeit“, von der „Dattelner Morgenpost“ bis zur „New York Times“ fiel das Urteil für die Ticket-Idee verheerend aus. Doch Osner wollte es schwarz auf weiß. Was er mit der Studie bezweckt, ist unklar. Die Analyse sei ausschließlich für die interne Reflexion gedacht, versichert die Stadtverwaltung. Man wolle aus dem „singulären medialen Vorgang lernen“.

Osner selbst weilt im Urlaub. Dass er die Idee mit den Eintrittskarten jedoch für eine der „größten Respektlosigkeiten und Grenzüberschreitungen“ halte, die er in seinem Amt erlebt habe, hatte er schon am 20. April vor dem Theater in jedes Mikrofon gerufen.

„Selbstverliebter Provinzpolitiker“

Vielleicht gebe es ja eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung, vermutet der CDU-Mann Müller-Fehrenbach. Es wäre nicht das erste Mal im schwierigen Verhältnis zwischen Nix und Osner. Andererseits steht fest, dass der Vertrag des Intendanten 2020 ohnehin ausläuft. Eine Nachfolgerin für den dann 65-Jährigen ist schon gewählt. Auch Nix ist gegenwärtig verreist. Dafür lässt es Somuncu noch einmal krachen. Offensichtlich sei dem „selbstverliebten Provinzpolitiker“ Osner sogar der sinnlose Einsatz von Steuermitteln recht, um seine Fehde gegen den Intendanten auszuleben, erklärte er unserer Zeitung. Besser wäre es doch, Osner ließe einmal untersuchen, „wie sehr sein eigenes arrogantes Verhalten dem Ansehen seines Amtes geschadet“ habe. Diese Studie müsse Osner dann aber selbst bezahlen.