Der Widerstand der SPD gegen die Berufung von der Leyens zur Kommissionspräsidentin erzürnt die Union. Die Sozialdemokraten weisen die Vorwürfe vehement zurück.

Berlin - Die von der SPD nicht mitgetragene Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als neue EU-Kommissionspräsidentin provoziert Spannungen in der großen Koalition. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte am Mittwoch, die SPD mache mit ihrer Ablehnung deutlich, dass es ihr am Ende allein um das eigene parteipolitische Interesse gehe. „Nicht um Europa, und auch nicht um die Interessen Deutschlands.“ Der kommissarische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel wies die Vorwürfe zurück. „Wir lehnen es ab, dass solche Entscheidungen in Hinterzimmern getroffen werden und haben das deutlich gemacht“, sagte Schäfer-Gümbel unserer Zeitung „Das Spitzenkandidatenprinzip haben wir eingeführt, um den Kommissionspräsidenten in einem transparenten demokratischen Prozess zu legitimieren.“

 

Von der Leyen war bei dem EU-Gipfel am Dienstag als Präsidentin der EU-Kommission vorgeschlagen worden, nachdem sich die Staats- und Regierungschefs lange nicht auf ein Personalpaket einigen konnten. Keiner der als Spitzenkandidaten bei der Europawahl ins Rennen gegangenen Bewerber fand eine Mehrheit. Der Durchbruch wurde erst erzielt, als sich die Runde mit von der Leyen auf eine Kandidatin verständigte, die gar nicht bei der Europawahl angetreten war.

Söder sieht Belastung für die Koalition

Die SPD verweigerte der Nominierung der Verteidigungsministerin daher die Zustimmung, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) musste sich bei der Abstimmung im Europäischen Rat enthalten.

„Obwohl die Spitzenkandidaten weiter zur Verfügung standen, wurde der Wählerwille jetzt einfach übergangen“, begründete Schäfer-Gümbel das Vorgehen seiner Partei. „Dass die Union darüber in Jubelstürme ausbricht, finde ich erschreckend und zeigt das mangelnde Gespür dafür, wie die Wählerinnen und Wähler sich gerade vorkommen müssen“, sagte Schäfer-Gümbel, der die SPD derzeit übergangsweise zusammen mit Malu Dreyer und Manuela Schwesig führt.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder kritisierte die Sozialdemokraten scharf für ihr Verhalten. „Das ist ein einmaliger Vorgang, dass Deutschland nicht zustimmen konnte, obwohl es eine deutsche Kandidatin gibt“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Es sei blamabel, dass die SPD nicht in der Lage sei, sich zu einer konstruktiven Haltung durchzuringen. „Das ist eine echte Belastung für die Koalition.“

Glücklich mit dem Ausgang der Personalverhandlungen ist allerdings auch Söder nicht – schließlich musste sein Parteifreund Manfred Weber als konservativer Spitzenkandidat für von der Leyen das Feld räumen. Söder betonte, er akzeptiere die Entscheidung. Gleichzeitig sprach der CSU-Chef von einem „klassischen Sieg des Hinterzimmers über die Demokratie“.